Mit Professorin Birgit Dräger fungiert erstmals in der Geschichte der Alma mater eine Frau als Kanzlerin.
Und ihre berufliche Laufbahn begann die 57-Jährige einst auch nicht mit einem Studium der Rechtswissenschaften oder BWL, sondern mit dem der Pharmazie und Biologie. Zur feierlichen Investitur am Montagabend in der Bibliotheca Albertina freute sich die Expertin für biogene Arzneistoffe deshalb über einen Blumengruß besonders, den ihr der Direktor des Botanischen Gartens der Uni, Professor Christian Wirth, überreichte. Gebunden war der Strauß aus Heil- und Gewürzpflanzen.
Wie berichtet, hatte Dräger, die aus Hopsten in Nordrhein-Westfalen stammt und vor ihrem Wechsel nach Leipzig an der Uni in Halle auch als Prorektorin für Struktur und Finanzen wirkte, Mitte Februar den Kanzlerposten an der Alma mater übernommen. Den Festakt in der Uni-Bibliothek nutzte sie nun, um auf die ersten Wochen "als Quereinsteigerin" zurückzublicken. "Die Aufnahme war herzlich, ich habe überall Offenheit und Hilfsbereitschaft gespürt." Das gebe ihr Kraft für die anstehenden Aufgaben, zu denen in erster Linie die Umsetzung der Verwaltungsreform gehöre. "Ich habe einen Vertrauensvorschuss bekommen, den es nun einzulösen gilt."
Beim Besetzungsverfahren für die Stelle, die auch mit einem Mandat im Aufsichtsrat des Uni-Klinikums verbunden ist, hatte es mehrere vergebliche Anläufe gegeben. Deshalb war nach dem Ende der achtjährigen Amtszeit von Frank Nolden im Juni 2013 der Kanzlerposten nur kommissarisch besetzt. Nach den Irrungen und Wirrungen der Vergangenheit bei der K-Frage meinte Professorin Beate Schücking, die Rektorin, zur Feierstunde: "Sie sind die richtige Frau am richtigen Platz." Sie schätze an Birgit Dräger deren Entscheidungsfreude, ihre strategisch-analytische Herangehensweise und ihren Humor. Sachsens Wissenschaftsstaatssekretär Uwe Gaul (SPD) wünschte Dräger auch mit Blick auf die gerade angelaufenen Gespräche zum neuen Hochschulentwicklungsplan des Freistaates "eine glückliche Hand bei der Amtsführung". Während Rektorat und Senat gewissermaßen für die Architektur der Uni zuständig seien, obliege es der Kanzlerin, mit einer gut organisierten Verwaltung für eine tragfähige Statik zu sorgen.
Sie setze auf ein produktives Mit- einander, sagte Dräger bezüglich der Zusammenarbeit mit den Fachministerien in Dresden. "Das ist mein Rollenverständnis." In seiner Festrede erklärte der Generalsekretär des Wissenschaftsrates und ehemalige Kanzler der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität, Thomas May, der Job an der Spitze einer Hochschulverwaltung sei "nicht gerade vergnügungssteuerpflichtig". Das Amt dürfe nicht als eines des bloßen Normenvollzuges gesehen werden, sondern erfordere auch die Qualitäten eines "Brückenbauers zwischen nichtwissenschaftlichem und wissenschaftlichem Personal".
Aus der Leipziger Volkszeitung vom 29.04.2015
Mario Beck