Zu Ostern musste Leipzigs neues Fernbusterminal den ersten großen Praxistest bestehen. Tausende Passagiere nutzten das lange Wochenende für eine Reise. Bis zu neun Busse pro Stunde legten neben dem Hauptbahnhof zu Zielen wie Prag, Stralsund, Paris, Dresden, Stuttgart, Berlin, München oder Oldenburg ab. Doch auf der Zufahrtsstraße herrschten oft Zustände wie im wilden Westen.
Fußgängerinsel in der Kurve verkleinert
Weil sich viele Autofahrer nicht an die Verkehrsregeln hielten, war das Nadelöhr Sachsenseite häufig verstopft. Sachsenseite – so heißt die schmale Piste, die von der Brandenburger Straße zum Parkhaus Ost des Hauptbahnhofs und zum neuen Fernbusterminal führt. Unterwegs beschreibt sie eine 90-Grad-Kurve: Die Fußgängerinsel in deren Mitte wurde vor dem Start des Terminals extra verkleinert. Damit die Transportriesen gut die Kurve kriegen, soll noch dieses Jahr zudem der Kreuzungsbereich aufgeweitet werden – im Zuge des Baus einer 6,50 Meter breiten Straße zum künftigen Bus-Dauerparkplatz am Nordende der Sachsenseite.
Autofahrer halten sich nicht an Einfahrverbot
Im südlichen Bereich der Sachsenseite wurde es am Oster-Wochenende allerdings immer wieder extrem eng. Grund: Etwa die Hälfte der Autofahrer, die diese Straße nutzen, will offenbar gar nicht zum Parkhaus Ost des Hauptbahnhofes. Alle paar Sekunden zischen sie dort vorbei in Richtung jenes kleinen Vorplatzes, der neben dem Osteingang des Einkaufszentrums Promenaden liegt. Dabei ist das für Privat-PKW verboten! Die Fahrer halten sich jedoch nicht daran. Meist wollen sie nur schnell jemanden am Hauptbahnhof absetzen oder abholen. Dann müssen sie auf dem Mini-Platz wenden und sich erneut durch die Sachsenseite zwängen.
Bus stand minutenlang quer auf der Fahrbahn
Um diese Hindernisstrecke zu verkürzen, halten, parken und wenden obendrein viele Autofahrer bereits in der Sachsenseite – zum Teil auf dem Fußweg oder vor der Ausfahrt des Fernbus-Terminals. Die Busse werden dadurch auf der engen Trasse zusätzlich behindert. So stand am Donnerstag ein Flixbus minutenlang quer auf der Fahrbahn, weil zwei falsch parkende Autos seine Ausfahrt unmöglich machten.
Neues Parkhaus soll Sachsenseite entlasten
Natürlich bringe das Terminal mehr Busse in die Sachsenseite, räumt Michael Jana, Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes (VTA), ein. „Die Fernbusse halten jetzt nicht mehr in der Goethestraße.
Dort gab es erhebliche Sicherheitsbedenken – etwa beim Be- und Entladen der Gepäckladeräume auf der Fahrbahnseite.“ Wenn im Mai das Parkhaus mit 550 Stellplätzen über dem neuen Fernbusterminal öffnet, dürfte das aber zu einer Entlastung der Situation führen, sagt er. „Unsere Fachleute erwarten, dass dann weniger Autos bis ins Parkhaus Ost des Hauptbahnhofes fahren.“ Viele würden stattdessen sicher eine kurze Einfahrt nehmen, die direkt an der Brandenburger Straße ins neue Parkhaus abzweigt. Allerdings können diese nur Autofahrer nutzen, die auf der Brandenburger Straße stadteinwärts unterwegs sind. Die Zufahrt für alle Fahrer in der Gegenrichtung – sowie generell alle Ausfahrten – sind für PKW wiederum nur über die Sachsenseite erlaubt.
Parken im Hauptbahnhof bleibt jedoch günstiger
Ob die Prognosen des VTA aufgehen, dürfte auch eine Preisfrage sein. Derzeit kostet die erste Stunde im Parkhaus Ost des Hauptbahnhofs 50 Cent, die zweite Stunde 1,20 Euro, die dritte bis fünfte Stunde je 1,30 Euro. Hingegen soll das neue Parkhaus gegenüber mit 1,50 Euro pro Stunde und maximal 6 Euro pro Tag starten – also etwas teuerer sein.
Entlastung bei Großveranstaltungen in der City
Amtsleiter Jana hofft, dass der Neubau bei Großveranstaltungen oder wichtigen RB-Spielen die Innenstadt vom Verkehr entlastet. Auch der ärgerliche Rückstau in der Adventszeit vor dem Parkhaus Ost könnte in diesem Jahr geringer ausfallen. Die ganze Sachsenseite als Sackgasse auszuschildern, was mehr Klarheit für auswärtige Besucher bringen könnte, lehne das VTA aus Rücksicht auf die beiden geplanten Hotelbauten neben dem Hauptbahnhof derzeit aber noch ab.
Sitzbänke und Papierkörbe kommen bald dazu
Übringens lobten die Fernbus-Passagiere das neue Terminal ganz überwiegend. Kritik gab es an fehlenden Sitzbänken und Papierkörben. Sie sollen zeitnah noch aufgestellt werden, erklärte der Terminalbetreiber OPG gegenüber der LVZ.
Von Jens Rometsch