Wie für einheimische besteht auch für Kinder von Flüchtlingen in Deutschland eine Schulpflicht. Doch etwa jedes fünfte Kind von Asylbewerbern hat in Leipzig noch keinen Schulplatz bekommen. Wie das Sozialdezernat im Rathaus auf eine Stadtratsanfrage einräumt, warten seit mehr als vier Monaten noch 229 Kinder und Jugendliche auf ihre Einschulung.
Gewöhnlich würde den Eltern nach Anmeldung bei der Bildungsagentur durch den Betreiber der Flüchtlingsunterkunft innerhalb von vier bis sechs Wochen ein Platz in einer Klasse zugewiesen. „Abgesehen von zwei Notunterkünften ist dies bislang auch stets gelungen“, schreibt das Sozialdezernat in seiner Antwort auf die Anfrage von CDU-Stadtrat Ansbert Maciejewski. Es gehe um 229 Kinder und Jugendliche in der Halle 17 auf der Alten Messe und im Zeltcamp am Deutschen Platz, die Anfang Dezember der Stadt zugewiesen wurden.
„Die soziale Betreuung hat es leider versäumt, die Kinder rechtzeitig anzumelden“, erklärte Sozialamtsleiterin Martina Kador-Probst auf LVZ-Anfrage. Dies sei in der Anfangszeit bei Betreibern passiert, „die erstmals den Betrieb beziehungsweise die Betreuung einer Gemeinschaftsunterkunft übernommen haben.“ Die Johanniter, die die Halle 17 betreiben, wiesen den Vorwurf jedoch zurück. „Von uns wurden die Kinder rechtzeitig angemeldet“, sagte Regionalvorstand Wieland Keller zur LVZ. Bereits im Januar sei die Anmeldung für eine große Gruppe erfolgt. Dass die Kinder immer noch keine Schule besuchen, liege „an der Stelle, die die Anträge bearbeitet“.
Aber ist es angesichts der hohen Flüchtlingszahlen nicht im Interesse der Stadt, mit den Anmeldungen so lange zu warten, bis auch ausreichend Plätze in den Klassen geschaffen sind? „Nein“, entgegnete Kador-Probst. Es hätte auch in den vergangenen Wochen ausreichend Plätze gegeben. Daher müssten alle Kinder unmittelbar nach ihrer Ankunft der Bildungsagentur gemeldet werden. „Im Ergebnis der Besonderen Bildungsberatung erfolgt, orientiert an den Vorkenntnissen der Schüler und Schülerinnen, die Zuweisung in eine DaZ-Klasse entsprechend der sächsischen Konzeption zur schulischen Integration von Kindern mit Migrationshintergrund“, so Kador-Probst.
Die noch nicht versorgten Kinder sollen nun in den nächsten sechs bis acht Wochen einen Schulplatz erhalten. Zwischenzeitlich hätten Jugendamt und Bildungsagentur ein Verfahren gefunden, „mit dem die Schulanmeldung und der Schulbesuch überwacht werden kann“.
Zum Stichtag 11. März lebten 1055 schulpflichtige Asylbewerber-Kinder in Leipzig (547 im Alter von 6 bis 10 Jahren und 508 im Alter von 11 bis 17 Jahren). Zu ihrer Vorbereitung ins deutsche Schulsystem gibt es an vielen Schulen so genannte „Deutsch als Zweitsprache (DaZ)“-Klassen. Neben Asylbewerbern nehmen sie auch andere Ausländer und Spätaussiedler auf. Derzeit gibt es in Leipzig:
an 21 Grundschulen 34 DaZ-Klassen mit 682 Schülern
an 19 Oberschulen 25 DaZ-Klassen mit 573 Schülern
an 7 Berufsschulen 18 DaZ-Klassen mit 394 Schülern.
Von Klaus Staeubert