Die Anschläge waren offenbar gut organisiert und wurden fast zeitgleich verübt: Unbekannte haben in der Nacht zum Mittwoch in Leipzig innerhalb von fünf Minuten drei Firmenfahrzeuge der Deutschen Bahn (DB) AG angezündet. Wie die Polizei am Morgen auf Anfrage mitteilte, ging um 23.35 Uhr in der Otto-Schmiedt-Straße im Stadtteil Leutzsch ein VW Caddy in Flammen auf.
Der Nutzer des Wagens versuchte noch, den Brand zu löschen. Er erlitt dabei aber eine Rauchgasvergiftung und wurde zur Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert. Nur fünf Minuten später brannte es erneut, diesmal in der Plagwitzer Engertstraße. Brandstifter fackelten hier gleich zwei Dienstwagen der Bahn ab, einen VW Caddy und einen Renault Kangoo. Die Höhe des entstandenen Schadens ist nach Angaben der Polizei derzeit noch unklar.
Mehr Militanz
Die Ermittler gehen davon aus, dass die Brandstiftungen im Zusammenhang mit der Räumung des „Black Triangle“ stehen. Das etwa 10 000 Quadratmeter große Areal am Gleisdreieck an der Arno-Nitzsche-Straße war seit Juni 2016 von Linksautonomen besetzt und wurde am Dienstag voriger Woche von einem Großaufgebot der Polizei wegen des Tatverdachts des Hausfriedensbruchs durchsucht. Doch offenbar hatten die letzten Besetzer ihr Quartier im alten Umspannwerk der DB kurz zuvor verlassen.
Die Räumung des Grundstücks hatte in der linken Szene für Aufruhr gesorgt. Auf dem Szeneportal Indymedia wurde ein Aufruf veröffentlicht, viele militante, dezentrale und gut durchdachte Aktionen zu starten. „Diese lassen sich durch die Bullen nur schwer verhindern und schwer aufklären“, so die Verfasser. Damit könne man Druck auf Deutsche Bahn und Stadt ausüben.
Hubschrauber kreist über Bahnanlagen
Auch deshalb kreisen seit Tagen Hubschrauber von den drei Standorten der Bundespolizei in Sachsen über dem Stadtgebiet und dem Umland. Gewaltsame Reaktionen auf die Räumung des „Black Triangle“ seien derzeit einer von mehreren Einsatzschwerpunkten, sagte am Mittwoch Behördensprecherin Yvonne Manger auf LVZ-Anfrage. „Es gab offene Bekundungen, dass Aktionen zu erwarten sind, darauf stellen wir uns ein. Es geht um die Sicherung der Bahnanlagen im Raum Leipzig.“ Schon vor Jahren hat die autonome Szene gezeigt, wozu sie fähig und bereit ist. Um die Anreise zu Legida-Demonstrationen zu erschweren, hatten Unbekannte allein im Jahr 2015 mehrfach Weichenanlagen mit Brandsätzen zerstört, Kabel von Signalanlagen zerschnitten und sogar die Gleise gefährlich manipuliert. Neben der Überwachung aus der Luft gebe es daher noch andere Einsatzmaßnahmen, so die Behördensprecherin. Details dazu wollte sich allerdings nicht verraten.
LKA ermittelt
Bereits am Mittwoch voriger Woche war es in der Schleußiger Stieglitzstraße zu einem Brandanschlag auf einen Dienstwagen der Bahn gekommen. Der Mercedes-Benz C 220 D, an dem ein Aufkleber der DB angebracht war, wurde komplett zerstört. In diesem Fall ermittelt das Polizeiliche Terrorismus- und Extremismus-Abwehrzentrum (PTAZ) im Landeskriminalamt. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Experten für die Aufklärung politisch motivierter Straftaten auch in den Fällen der vergangenen Nacht die Ermittlungen an sich ziehen.
Von Frank Döring