Sie zählt zu den begehrtesten Frauen im internationalen Kino – und besonders bei dieser Berlinale: Juliette Binoche hat als Jurypräsidentin ein entscheidendes Wörtchen dabei mitzureden, wenn am Sonnabend die Bären vergeben werden. Fragt man sie in einer halbwegs ruhigen Lounge im hektischen Berlinale-Palast, wie es denn so laufe in ihrem Gremium, setzt sie ein verschmitztes Lächeln auf: „Psst! Ich darf nichts verraten.“ Und was sie verraten darf, hat sie schon gesagt: „Jeder Film ist ein Sprung ins Unbekannte. Diesem Unbekannten gilt meine Liebe.“
Binoche springt auch mit ihren eigenen Filmen gern ins Unbekannte
Die Oscar-Preisträgerin Binoche („Der englische Patient“) findet immer mehr Gefallen daran, auch mit ihren eigenen Filmen ins Unbekannte zu springen: In den nächsten Monaten ist die 54-Jährige in gleich drei sehr unterschiedlichen Filmen zu entdecken. Von heute an erforscht sie in Naomi Kawases meditativem Trip „Die Blüte des Einklangs“ in japanischen Wäldern das Verhältnis von Mensch und Schöpfung. In „High Life“ (Kinostart: 30. Mai) von Claire Denis reist sie durchs All und befriedigt sich bei einem Ritt auf einem silberfarbenen Dildo in einer – Pardon! – „Fuck Box“. Die Sexszene könnte Kultstatus erlangen.
Angst scheint die Französin nicht zu kennen – schon gar nicht vor einer Rolle, in der sich ihre Figur in einen halb so alten Mann verliebt. In der cleveren Romanze „Celle que vous croyez“ (Regie: Safy Nebbou) bedient sich ihre Claire beim Kontaktaufbau allerdings eines 24-jährigen Internet-Avatars namens Clara. Klar, dass sich bei diesem Spiel mit Identitäten Komplikationen einstellen. „Zu den größten Ängsten des Menschens gehört es, verlassen zu werden“, sagt Binoche zu dem Film von Regisseur Safy Nebbou. Claire muss erst innerlich zerbrechen, um neues Selbstvertrauen zu finden.
Binoches Geheimnis ist mehr als eine gute Maskenbildnerin
Einen deutschen Kinostarttermin gibt es noch nicht, aber man kann ja schon mal eine ganz naive Frage stellen: Wie kriegen Sie es vor der Kamera hin, Madame Binoche, von einem Moment auf den anderen diese besondere Schönheit anzuknipsen? „Ich habe eine gute Maskenbildnerin“, sagt Binoche und lächelt schon wieder verschmitzt. Jeder Kinogänger weiß: Die Maske allein ist es nicht.
Von Stefan Stosch / RND