„Diese Nacht habe ich ganz gut geschlafen“, sagt Elfriede Uhlig am Mittwochvormittag, „die davor war nicht so gut. Diese Nacht hatte ich mich schon mit dem Gedanken vertraut gemacht.“ Seit 70 Jahren ist sie mit ihrem Gerhard nun verheiratet, beide kennen sich seit 77 Jahren – Chapeau!
Kennengelernt haben sich die damals 14-Jährige und der 16-Jährige im Vesta-Nähmaschinen-Werk in Altenburg. Während der kaufmännischen Lehre lernten sich beide lieben. „Sechs schöne Jugendjahre haben sie uns mit dem Krieg gestohlen“, sagt der heute 94-jährige Bräutigam. Gerhard Uhlig musste nach der Ausbildung in den Arbeitsdienst und den Krieg. Weil er verwundet wurde, war er im Januar 1945 auf Kurzurlaub. Die gebürtigen Altenburger nutzten diese Möglichkeit und verlobten sich. Nach Kriegsende geriet Gerhard in amerikanische Kriegsgefangenschaft und kam nach Marseille. Dort gab es für jeden nur einen rationierte Menge Lebensmittel, Kaffee und Zigaretten. „Viele haben ihre Eheringe gegen ein paar Kekse getauscht, aber ich habe meinen Verlobungsring im Schuh unter der Ferse versteckt, weil ich ihn unbedingt weiter bei mir haben wollte.“
Es lohnte sich: Nach der Rückkehr heiratete Elfriede, geborene Fischer, Gerhard Uhlig am 21. Dezember 1946 in der ungeheizten Altenburger Agneskirche – bei eisigen minus 21 Grad Celsius. „Gefeiert haben wir dann in der kleinen Wohnung der Eltern in der Schillerstraße – wir hatten ja noch keine eigene“, erinnert sich die 92-jährige Braut. „Wir haben etwas Fleisch mit Lebensmittelmarken geholt und hatten nur eine Quarktorte.“ „Ich glaube, wir leben so lange, weil wir früher so karg gelebt haben“, ergänzt Gerhard.
Die Wohnung ist teils weihnachtlich, teils hochzeitlich geschmückt – gemütlich hat es das Ehepaar. Der Brautstrauß ist, so wie bei jedem Jubiläum, dem Original von 1946 nachempfunden. Beide sitzen im rosafarbenen Hemd und einem Gläschen Champagner in ihrer Altenburger Wohnung. Am Nachmittag kommen die Enkel und Urenkel. Tochter Helga wohnt im selben Haus an der Sternstraße. Sie hat alles für die Feierlichkeiten zur Gnadenhochzeit organisiert, sogar Oberbürgermeister Michael Wolf Bescheid gegeben. „Den Vater von Herrn Wolf habe ich als 14-Jährige im Kinderwagen manchmal ausgefahren“, erzählt Elfriede Uhlig strahlend, „ich wollte immer einmal mit dem Oberbürgermeister reden und heute ist er hier.“
Die große Feier mit allen Verwandten, Freunden und Bekannten findet im nächsten Mai statt, zum 95. Geburtstag des Bräutigams.
Von Mathias Schönknecht