Wenn es darum gehen sollte, wer wohl die größten Herzensbrecher in der Gemeinde Nobitz sind, dann haben Frank Schnabels Bennett-Kängurus ein kräftiges Wort mitzureden. Kuschelig und wuschelig springen die Tiere seit rund acht Jahren über seine Wiese in Nirkendorf. Und ein Blick aus den rehbrauen Augen der Hüpfer vom fünften Kontinent genügt, um der Niedlichkeit der Bennett-Kängurus zu erliegen. So ging es vor Jahren wohl auch Frank Schnabel. „Ich war damals auf dem Kleintiermarkt und da kam jemand mit einem umgehängten Beutel, aus dem ein Känguru geschaut hat“, erinnert er sich, wie es um ihn geschehen ist.
Weil er in Ehrenhain wohnt, aber ein kleines Gartengrundstück in Nirkendorf neben dem Hof seiner Verwandten hat, suchte er gewissermaßen lebende Rasenmäher. „Ich halte die Kängurus hier an Stelle von Schafen“, plaudert er beim Möhrenschnippeln. Und die Beuteltiere hätten gegenüber Schafen viele Vorteile. Vor allem, so erzählt der Halter, seien sei viel leiser. Das Blöken von Schafen hätte wohl in der Nachbarschaft auf Dauer nicht nur Freunde gefunden. „Vor allem, weil ich nicht hier wohne, kann es passieren, dass die den halben Tag Krach machen.“
Die Kängurus hingegen sind praktisch nicht zu hören. Untereinander und auch mit Frank Schnabel kommunizieren sie mit einer Art Blasen oder Fauchen. „Handzahm sind sie nicht“, erklärt Schnabel, während eines seiner Kängurus in ein zwei Metern Abstand zu überlegen scheint, ob die Lust auf ein Stück frische Möhre mehr wiegt als die Furcht vorm Menschen. Man könne sie zahm bekommen, doch dafür müsse man sich täglich intensiv mit ihnen befassen, erklärt Schnabel. Das funktioniere aber schon deswegen nicht, weil er eben im Nachbarort wohnt. „Und ehrlich gesagt muss das auch nicht sein, und ich will das auch nicht“, sagt Frank Schnabel und denkt dabei auch an die Schaulustigen, die gern Kängurus gucken kommen.
Besonders interessant wird das in ein paar Wochen, wenn der Nachwuchs die ersten Runden über die Wiese dreht. Zwei der Weibchen sind derzeit trächtig beziehungsweise tragen Jungtiere im Beutel. Im Mai, denkt Frank Schnabel, werden die Kleinen wohl für erste Sparziersprünge herauskriechen. „Ach, das sieht interessant aus. Erst schauen sie nur mit dem Kopf aus dem Beutel, später hopsen die wie Eichehörnchen über die Wiese“, weiß er. Schließlich sorgen der Bock und die drei Weibchen fast jedes Jahr für Kängurunachwuchs. „Mal geb ich sie an private Interessenten ab, mal behalte ich ein Tier selbst“, sagt Frank Schnabel und wirft das letzte Stück süße Wurzel zu den Australiern.
Zufüttern muss er nur ein wenig im Winter. Mit der kalten Jahreszeit kommen die Bennett-Kängurus im übrigen gut zurecht. Selbst bei strengem Frost würden sie kaum im Stall verschwinden, erzählt Schnabel. Lediglich Schnee mögen die Exoten aus Down Under nicht besonders. Liegt die weiße Pracht, seien die Kängurus selten draußen. Darüber hinaus sind die Kängurus genügsam, weiden die Wiese ab und seien alles in allem sehr pflegeleicht. Nur eine Tierarzt-Visite ist knifflig. „Davor muss ich die ja mit dem Kescher einfangen. Und das nicht ganz so einfach.“
Von Jörg Reuter