Die Stadt Borna hat offenbar ihr eigenes Jubiläum verschlafen. Im vorigen Jahr, als das, was Historiker als Stadtwerdung bezeichnen, exakt 700 Jahre zurücklag. Das hat die Historikerin Susanne Baudisch am Dienstagabend im Goldenen Stern erklärt. Die Dresdnerin, die die wesentlichen Jahre ihrer Kindheit und Jugend in Borna verbracht hat, stellte dort das Projekt „Digitale Wissensbasis“ vor, bei dem es sich um ein digitales Findbuch handelt, in dem Forscher und Archäologen Zugriff auf Quellen haben.
Borna feierte schon vor 17 Jahren Jubiläum
Es hat fast etwas von Routine, wenn die Bornaer Stadtjubiläen immer wieder neu festgelegt werden. Wir erinnern uns: Es ist erst reichlich 17 Jahre her, als die 750-Jahr-Feier in Borna stattfand. Es gab eine Festwoche, die Beteiligten wie Besuchern auch heute noch im Gedächtnis ist. Die 750-Jahr-Feier von Borna fand exakt 63 Jahre nach der 800-Jahr-Feier, im Jahr 1938, statt. Beides sind Daten, die keineswegs falsch sind.
Ab 1318 lässt sich Borna als Stadt bezeichnen
Daran lässt auch die promovierte Historikerin und Wissenschaftliche Historikerin vom Jahrgang 1962 keinen Zweifel. Das Jahr 1251 als Ausgangspunkt der Festwoche im Jahr 2001 ist der Zeitpunkt, als Borna erstmals namentlich in den Annalen auftaucht, in dem ein Burghard von Borna, benannt als Schreiber von Borna, eine Schenkung bezeugt. Susanne Baudisch aber geht es um die Stadtwerdung, also den nunmehr exakt datierbaren Zeitpunkt, an dem von Borna als Stadt gesprochen werden kann. „Und das war 1318.“
Erstmals tauchen „Bürger in Borna“ auf
Das ergibt sich aus einer Urkunde, die die engagierte Wissenschaftlerin im Bornaer Stadtarchiv entdeckt hat. Darin ist erstmals von „cives in Burnis“ die Rede, von Bürgern in Borna. Bürger aber, das ist entscheidend, sind keine Hörigen und Unfreie, sondern eben freie Bürger einer Stadt. In dem Dokument, auf das sich Susanne Baudisch bezieht, ist von Heinrich, dem Schultheiß, Conrad von Altenburg und Konrad, dem Schreiber, die Rede, allesamt eben Bürger in Borna. Sie bezeugen, dass Heinrich von Greifendorf, Burgmann in Borna, dem Klarissenkloster in Weißenfels Güter in Dypoldisdorf, ein Ort, von dem sich heute nicht mehr sagen lässt, wo er sich befand, schenkt.
Wichtig für die Bornaer Stadtgeschichte
Nach Überzeugung der Historikerin handelt es sich dabei um ein wichtiges Dokument für die Bornaer Stadtgeschichte. Die lässt sich ohnehin mehr und mehr konkretisieren, speziell was das Mittelalter anbelangt. Borna würde damit um einige potenzielle Jubiläen reicher. So wurde Borna nur vier Jahre nach seiner nunmehr historisch belegbaren Stadtwerdung erstmals als Marktsiedlung beschrieben – exakt im Jahr 1322. Fünf Jahre später, 1322, wiederum lässt sich Borna als „Rechtsstadt“ bezeichnen, als Ort mit besonderer Gerichtsbarkeit.
Geschichte muss nicht umgeschrieben werden
Umgeschrieben werden muss die Bornaer Stadtgeschichte deshalb dennoch nicht. Die Feierlichkeiten im Jahr 2001 hatten ihren berechtigten Grund in der Ersterwähnung der Stadt. Auch die 800-Jahr-Feier lässt sich begründen – mit der Tatsache, dass es bereits Mitte des 12. Jahrhunderts eine Kaufmannssiedlung in der Gegend des heutigen Königplatzes gab, weshalb die Festivitäten anno 1938 historisch keineswegs völlig deplatziert waren.
Kommentar: „Borna kann bei Bedarf weiter feiern“
Von Nikos Natsidis
Bekanntlich sollen Feste ja gefeiert werden wie sie fallen. Im Prinzip eine gute Idee. Vorausgesetzt, es ist klar, was wann gefeiert werden soll und kann. Ist das anders, fällt die Fete ins Wasser. So wie in Borna im vorigen Jahr.
Was sich allerdings erklären lässt, und deshalb auch alles andere als eine Katastrophe ist. Zu wissen, dass Borna seit nunmehr ziemlich exakt 700 Jahren als Stadt zu gelten hat, ist zwar durchaus von Bedeutung. Entscheidend ist es aber nicht. Jedenfalls nicht für den städtischen Festkalender, auch wenn Borna durchaus die eine oder andere Festivität vertragen könnte. Wer die 750-Jahr-Feier anno 2001 erlebt hat, wird das kaum bestreiten.
Immerhin: Mit der Ausrichtung des Landeserntedankfestes im Oktober kommt Großes auf Borna zu. Wenn es gut läuft, drei tolle Tage. Und weitere Feierlichkeiten lassen sich aus den nunmehr gewonnenen historischen Erkenntnissen bei Bedarf auch ableiten. Es müssen ja nicht immer gleich Großereignisse daraus werden.
Von Nikos Natsidis