Es ging einfach nicht, die Kehle war wie zugeschnürt. Torsten Low hatte als junger Mann regelrecht Panik, vor Menschen zu sprechen. Heute setzt sich der 41-Jährige einfach so auf Bühnen und an Pulte, lässt seine Stimme sonor durch Räume tanzen, liest seine eigenen oder fremde Texte und steht mittendrin auf, um mit voller raumgreifender Gestik und Mimik durch die Reihen seines lachenden Publikums zu gehen. „Ich bin eine Rampensau geworden“, sagt er. Am 3. November wird der Ex-Delitzscher diese Qualitäten in der Altstadtkneipe No.2 beweisen, wenn dort um 21 Uhr zur knapp zweistündigen Lesung „Horror meets Humor“ geladen wird.
Von Delitzsch aus in die Welt der Fantasie
Die urige Kneipe hat sich Torsten Low in seine neue Heimat in Erlingen bei Augsburg mitgenommen. Seine private Kellerbar ist der Delitzscher Kultkneipe nachempfunden. Im Original hat Torsten Low noch 1995 etliche Feierabende nach seinem Zivildienst im Beerendorfer Altenheim zugebracht. Dann ging er ins Bayerische, um Industrietechnologe zu werden. Das Programmieren ist sein zweites großes Hobby nach dem Schreiben. Beide hat er zum Beruf gemacht. Hauptberuflich Programmierer, hat der Ex-Delitzscher seit elf Jahren einen eigenen Verlag für Phantastik im Nebengewerbe. Zweieinhalb Mitarbeiter sind sie dort – er, seine Frau und die sechs Jahre alte Tochter. Drei Romane und drei Kurzgeschichtenbände erscheinen dort jährlich. In der Sparte der Phantastik zählt der Verlag zu den wichtigsten Kleinverlagen der Republik, wird immer wieder für den Deutschen Phantastikpreis nominiert. Inzwischen ist Torsten Low lieber Verleger als Autor. Er verspürt inzwischen mehr Drang, die Geschichten anderer aufs Papier zu bringen als seine eigenen. Er schreibt selbst seltener. Seine erste eigene Geschichte schrieb er mit fünf Jahren, indem er sie seiner neun Jahre älteren Schwester diktierte, die sie auf der alten Erika-Schreibmaschine tippte. Die Geschwister machten ein Büchlein. Inzwischen hat Torsten Low für sich erkannt, dass andere Autoren besser als er schreiben und er besser vermarktet. Eigene und fremde, von ihm verlegte Texte wird er am 3. November in Delitzsch lesen. Dazwischen Anekdoten aus seinem Leben einstreuen. Es wird definitiv unterhaltsam.
Aufregung größer als sonst
Positive Spannung verspürt der inzwischen routinierte Vorleser und Entertainer vor seinen Auftritten. In Delitzsch zu lesen, sei noch einmal mit besonderem Lampenfieber verbunden. Es wird seine erste lange Lesung in der Loberstadt, obwohl er schon seit Jahren durch Deutschlang tourt. Vor Kurzem war Torsten Low bei den Delitzscher Vorlesungen zu Gast, die jeden vierten Sonntag in der No.2 stattfinden. Im Internet hatte er eine Diskussion verfolgt, in Delitzsch sei nichts los. Der Wirt hielt mit dieser Veranstaltung als Aspekt der Lesestadt Delitzsch dagegen und weckte die Neugier bei Torsten Low. Der Heimatbesuch bei seiner Mutter wurde so zum spontanen Kurz-Auftritt in der alten Stammkneipe und schließlich die Idee zu „Horror meets Humor“ geboren.
Von Christine Jacob