Wie gemalt: Die Bilder von Brigitte Weber wirken so, doch sie sind es nicht. Von ihrer Entstehung her sind es Fotografien. Verwandelte, verfremdete Fotografien, die aufdecken, was sich dem bloßen Blick der Kamera verbirgt. „Träumereien“ nennt die Grimmaerin ihre Ausstellung, die sie am Dienstagabend in der Bad Lausicker „Riff“-Galerie eröffnete.
„Wo haben sie den ihren Pinsel“
Ein etwas beliebiger Titel, der nicht erahnen lasst, dass sich dahinter ein eigener Kosmos verbirgt. „Die Leute fragen mich oft: Wo haben Sie denn ihre Pinsel“, sagt Weber, geboren 1943 in Colditz, zu Hause in Grimma. Eine Frage, die sich auch ihrem Bad Lausicker Publikum angesichts scheinbar aquarellierter Landschafts- und Naturdetails aufdrängte. Da ist der rotblättrige Baum, märchenhaft in Drehung gebracht. Da ist die Woge Gras, Impression am Wegesrand – fotografisch dokumentiert in einem Augenblick und am heimischen Computer weitergesponnen.
„Realistische Fotografie genügt mir nicht. Mit ihr kann ich kaum ausdrücken, was ich fühle“, sagt Brigitte Weber und setzt sich damit ganz bewusst ab von ihrem Mann Gerhard, renommierter Fotograf des Dokumentarischen, Chronistischen: „Am Anfang hat er mir skeptisch über die Schulter geschaut, bis er mich bestätigt und bestärkt hat.“ Über Jahrzehnte ist sie, die ein Vierteljahrhundert in Schönbach, Sermuth und Colditz Deutsch und Kunsterziehung unterrichtete, aufgeschlossene Begleiterin ihres Mannes; die Foto-Text-Porträts sämtlicher knapp 500 Städte, Dörfer und Dörfchen des Leipziger Landes und des Muldentals gehören zu den herausragenden Arbeiten beider. „Wir kennen uns 55 Jahre. Dass sie einen Fotografen heiratet, wusste sie. Sie hat mit der Fotografie gelebt, ist mit Ideengeberin, Kritikerin“, sagt Gerhard Weber, erfreut, dass sie im Alter selbst den Mut fasste, sich mit fotografischen Mitteln auszudrücken.
Ausflüge regen Entdeckungen und Ideen an
„Von unseren Ausflügen in die Natur bringe ich seit einigen Jahren eine reiche Foto-Ausbeute mit, die mich zu Hause, in der Alleinsein-Zeit, anregt zu Entdeckungen“, sagt sie. Aus dem Rohstoff formt sie dank digitaler Programme Bildwelten, die Seelenwelten sind, konzentriert auf das scheinbar Nebensächliche, das leicht zu Übersehende, das Herzbildende. Fotografische Malerei nennt sie das, der Lyrik von Eva Strittmatter, den Naturstudien Erwin Strittmatters verwandt, geprägt auch von der Malerei französischer Impressionisten. 2016 stellte sie erstmals ihre Bilder öffentlich aus: in der Grimmaer Georgenkapelle. In Bad Lausick besteht jetzt bis Mitte August die Möglichkeit der Zwiesprache – im Dialog mit er Künstlerin zur Vernissage, im stillen Genuss der Bilder.
Von Ekkehard Schulreich