Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) fordert eine schnelle und umfassende Aufklärung des Todes des Terrorverdächtigen Dschaber Al-Bakr in Leipzig. Was in der Nacht passiert sei, verlange danach, sagte de Maizière am Donnerstag im „Morgenmagazin“ des ZDF. Der unter Terrorverdacht festgenommene 22-jährige Syrer Al-Bakr war am Mittwoch erhängt in seiner Zelle in der Justizvollzugsanstalt Leipzig gefunden worden. Das erschwere die Ermittlungen zu dem mutmaßlich durch den anerkannten Flüchtling geplanten Sprengstoffanschlag auf einen Berliner Flughafen, sagte der Innenminister weiter.
Auch Innenpolitiker des Bundestags haben nach der Selbsttötung des Terrorverdächtigen im Gefängnis eine schonungslose Fehleranalyse der Behörden gefordert. Der Grünen-Abgeordnete Konstantin von Notz sagte am Donnerstag im Deutschlandfunk, man müsse jetzt genau schauen, wer die Verantwortung für dieses „Fiasko“ der sächsischen Justiz trage. Schließlich sei die Suizidgefahr bei Al-Bakr bekannt gewesen. Solche „grauenvollen Fehler“ bei der Überwachung müssten in Zukunft verhindert werden.
Innenausschuss will sich mit Fall befassen
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Der CDU-Innenpolitiker Wolfgang Bosbach sprach von einer „Tragödie“. Da Al-Bakr ja wohl bereit gewesen sei auszusagen, verliere man „eine wichtige Informationsquelle“. Es gebe viele offene Fragen, „um die Sicherheit in unserem Land zu gewährleisten“. Die Verantwortlichen in Sachsen müssten nun Fehler eingestehen. Er gehe aber davon aus, dass es am Ende wieder heißen werde, man habe alles richtig gemacht. Notz sagte, in der kommenden Woche werde sich auch der Innenausschuss des Bundestages mit den Hintergründen des Falles befassen.
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, äußerte sich fassungslos. Er verlangte am Donnerstag im Sender SWRinfo rasche Aufklärung. Man dürfe sich nicht viel Zeit lassen, die Bevölkerung zu informieren.
Mit Blick auf Kritik, dass Al-Bakr trotz Suizidgefahr offensichtlich nicht unter ständiger Beobachtung stand, sagte Wendt, es sei erst einmal zu klären, was man unter ständiger Beobachtung verstehe: „Da steht natürlich nicht ein Beamter neben dem Bett und passt auf jeden Handgriff auf. Das würde in der Tat gegen die Menschenwürde verstoßen.“
Häftling verweigerte Essen und Trinken
Jetzt gebe es viele Fragen: einerseits, wie intensiv die Kontrolle gewesen ist, andererseits, wie das technisch funktionierte: „Machen wir uns nichts vor. Es ist ja gar nicht einfach, sich das Leben zu nehmen, wenn man zum Beispiel aller Gegenstände beraubt wird, die man dazu nutzen muss“, sagte Wendt. Jetzt sei zu klären, mit welchen Gegenständen Al-Bakr den Suizid vollzogen habe. Laut MDR soll er dafür sein T-Shirt verwendet haben.
Auch al-Bakr's Pflichtverteidiger Alexander Hübner zeigte sich fassungslos vom dem Suizid seines Mandanten. Er sei davon ausgegangen, dass al-Bakr ständig beobachtet werde, sagte der Rechtsanwalt am Donnerstag im Deutschlandfunk. Al-Bakr habe sich im Hungerstreik befunden, Flüssigkeit verweigert und bereits am Mittwoch in seiner Zelle an Steckdosen manipuliert und eine Lampe zerstört.
Lutz Bachmann: "Ups... wie unerwartet"
Im Netz wurde derweil um den Tod Al-Bakrs fleißig spekuliert - und es gab Spott und Hähme. „wie? #Sachsen #Albakr #ständigüberwacht“, twitterte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Renate Künast. „Es gab Zeiten, da hat die Überwachung in Sachsen besser geklappt“, ließ das NDR-Satiremagazin „Extra 3“ in dem Kurznachrichtendienst wissen. Und auch der Mitgründer der fremden- und islamfeindlichen Dresdner Pegida-Bündnisses meldete sich prompt zu Wort: „Ups... wie unerwartet... hab vor wenigen Stunden 500 drauf gesetzt, dass genau das passiert!“, schrieb Lutz Bachmann bei Facebook.
LVZ