Von Bärbel Schumann
Ihr Name: Josefine Kupke. Umso größer die Freude bei den derzeitigen 40 Mitgliedern und vielen Oschatzern, dass gerade auch sie zu den Gästen des Jubiläumskonzertes am Sonnabend in der Sankt Aegidien Kirche gehörte.
475 Jahre Kantorei Oschatz, das ist eine Zeit mit vielen geschichtlichen Besonderheiten, mit Höhen und Tiefen. Besonderheiten, die sich in den Veranstaltungen zum Jubiläum widerspiegeln. Den Auftakt dazu gab das Festkonzert der Kantorei mit Liedern und Stücken Oschatzer Kantoren wie Hans Leo Haßler, Alfred Hansch, Hugo Stelzner, Erhard Anger, Christian Schiel und Matthias Dorschel. Unterstützung gab es vom Josefine Kupke und Christian Schiel an der Orgel sowie dem Flötenkreis der Kirchgemeinde.
Mit Spannung wurde die Ausstellungseröffnung zum Jubiläum erwartet. Seit Jahren hatte Lutz Naake sich für alles Geschichtsträchtige interessiert, was mit der Kantorei in Zusammenhang zu bringen war. Im vergangenen Jahr war dann bei ihm, Katja Dorschel und in der Kirchgemeinde die Idee entstanden, eine Ausstellung zu 475 Jahre Kantorei Oschatz zu gestalten. Intensiver wurde fortan in Archiven gesucht und recherchiert. "Gerade aus den ersten Jahrzehnten gibt es keine Dokumente, da 1842 die Kantoreibibliothek völlig abbrannte", erzählte Katja Dorschel Besuchern der Schau. Diese ist bis zum 17. Mai jeweils 16 bis 18 Uhr in der Ulanenkapelle von Sankt Aegidien zu besuchen. Viele interessante Dinge fanden die Macher heraus: Mancher Kantor, der in Oschatz wirkte, war später an Fürstenschulen wie Meißen, Pforta oder Grimma als Lehrer tätig. So hat der durch seine Liedkompositionen noch heute bekannte Magister Hering zwar als Kantor in Oschatz gewirkt, doch stand er nie der Kantorei vor. "Es gab früher in den Kirchgemeinden immer zwei Kantoren. Einer war für das Orgelspiel zuständig, der andere kümmerte sich um die Sänger", erzählt Katja Dorschel. Es habe auch eine Zeit gegeben, da die Kantoreigesellschaft aufgelöst war. Es wurde "viel gefeiert" und die Sänger "liebten den Braten mehr als die Kantaten, und das Schlingen mehr als das Singen", wie in alten Unterlagen zu lesen steht. Dennoch wurde weiter die Kirchenmusik gepflegt, allerdings im Sängerkreis. Hier engagierte sich Kantor Hugo Stelzner besonders, er gehörte 1927 zu den Organisatoren eines großen Sängerfestes in Oschatz und schrieb extra für die Kantorei aus diesem Anlass ein Stück. Fotos und andere Dokumente künden aus dieser Zeit.
Auch manche Rarität aus Familienbesitz ist in der Ausstellung zu sehen. "Frau Dr. Lorenz brachte uns den Dirigentenstab und ein Foto von Alfred Hansch vorbei, nachdem sie in der Zeitung von unserem Vorhaben gelesen hatte", berichtet Katja Dorschel von Überraschungen bei der Vorbereitung. Von 1894 bis 1912 war Hansch Kantor. Die Ärztin ist seine Enkelin.
Bärbel Schumann