Während die meisten Menschen im Tiefschlaf liegen, spielt sich auf einigen Straßen rund um Oschatz ein nicht alltägliches Schauspiel ab: drei 67 Meter lange Transporte mit zweimal drei Achsen und Zwillingrädern, auf denen jeweils ein Windradflügel – aus Dänemark kommend - mit einer Länge von 62 Metern fest gezurrt ist, manövrieren sich von der Bundesstraße 169 aus über Hohenwussen nach Oschatz um ihr Ziel in Glaubitz zu errKeichen. Das Besondere daran: Die Kolosse müssen teilweise rund drei Kilometer rückwärtsfahren.
In diesen Tagen gibt es mehrere solcher Transporte, weshalb sich auch Polizei des Oschatzer Reviers bereithält, um den Megatransporten den Weg frei zu halten. Bei strömendem Regen bildet in der Nacht Mike Römer die Vorhut. Er kommt gegen 0.30 Uhr mit seinem Crafter und beräumt die vorher ausgebauten Flächen, damit Warnbaken und Verkehrszeichen keine Hindernisse darstellen.
Elefant muss durchs Mauseloch
Deshalb muss unter anderem auch der Wegweiser „Hohenwussen“ an der B 169 abgebaut und später wieder aufgebaut werden. Von dem Mitarbeiter des Schwerlasttransport-Unternehmens Matthias Pusch mit Sitz in Kühlungsborn, ist zu erfahren, dass es von Hohenwussen nach Schweta, Naundorf und von dort nach Oschatz geht. Ein Schwerlasttransport in dieser Größenordnung durch Hohenwussen? Klingt, als ob ein Elefant durch ein Mauseloch gelotst werden soll?
Michel Vogt, der diesen Transport begleitet, erklärt, dass es trotzdem der in diesem Fall optimale Weg sei. „Eine Strecke zu finden und fachgerecht zu prüfen dauert etwa zwei Wochen. Sobald der Termin für die Errichtung der Windkraftanlage bekannt ist, wird die Strecke bei verschiedenen Behörden beantragt. Das Beantragen der Strecke dauert je nach Länge und Zuständigkeiten bis zu zwei Wochen. Innerhalb der nächsten vier bis sechs Wochen liegen dann alle Genehmigung vor“, so Mitarbeiterin Kristina Kohlhagen in einem Gespräch mit OAZ.
An der Engstelle rückwärts fahren
Sie ist eine von 63 Mitarbeitern in den drei Bereichen des Unternehmens, das es seit 2005 gibt. Bereits in Hohenwussen müssen die Fahrzeugführer ihr Können unter Beweis stellen, und zwar an einer Engstelle rückwärtsfahren, um die riesigen Laster in die richtige Richtung zu bekommen. An manchen Häusern wird die Angelegenheit zur Millimetersache. Manchmal stockt einem der Atem, die Fahrer bleiben cool. Es ist 0.52 Uhr als der „Tross“ am Kreisel in Lonnewitz angekommen ist. Seine gelben rund-um-Leuchten sind in der Nacht weithin zu sehen.
Die Transporte fahren geradeaus in Richtung Lonnewitz über die im Vorfeld mit Stahlplatten ausgebaute Insel. Dann stoßen die 67 Meter langen Gefährte rückwärts auf die Nossener Straße und fahren die rund drei Kilometer bis zum Abzweig B 6, wo sie vorwärts in Richtung Riesa zum Windpark Glaubitz weiter fahren. Hilfeleistung beim Rückwärtsfahren leisten die Mitarbeiter, die in ihren Fahrzeugen ebenfalls rückwärtsfahren um den vor ihnen fahrenden Kollegen über Funk Hinweise geben. Ansonsten müssten die Fahrer in ihrem „Cockpit“ mehr oder weniger blind fahren.
Kolonne verschwindet in Richtung Riesa
Ein Polizeiwagen steht mit Blaulicht in Oschatz am Abzweig Nossener Straße, ein anderer – ebenfalls mit Blaulicht - in der Dresdener Straße, Abzweig Straße der Einheit, wo Verkehrsteilnehmer umgeleitet werden. Um 1.20 Uhr ist diese Aktion beendet.
Die Kolonne ist nach 1.30 Uhr in der Dunkelheit auf der Bundesstraße 6 in Richtung Riesa verschwunden. Es folgen weitere Transporte, von denen die wenigsten Menschen etwas mitbekommen, denn Schwerlasttransporte fahren meist zwischen 22 und 6 Uhr. Auch wenn die Fahrer eher abgeklärt und cool sind – ihr Job ist nicht ganz ungefährlich. „Es geht los, sobald unsere Kollegen aus dem Auto steigen. Sie sind zwar mit den nach Richtlinien geforderter Arbeitsschutzkleidung ausgestattet, aber dies schützt sie leider nicht vor der Unachtsamkeit übriger Verkehrsteilnehmer“, so Kristina Kohlhagen.
Von Katja Franke