Lobhudeleien wollte er eigentlich nicht hören. Dennoch konnte Matthias Weismann am Sonntag nicht verhindern, dass es beim festlichen Gottesdienst vor allem um ihn ging. „Die meisten von Ihnen sind heute sicher nicht hier, um das Evangelium zu hören“, scherzte der scheidende Superintendent des Kirchenbezirks Leipziger Land, dessen Dienstzeit offiziell am 28. Februar endet.
Weismann, seit 1997 in Borna auch erster Gemeindepfarrer, wurde gestern offiziell verabschiedet. Unter den Besuchern in der brechend vollen Bornaer Stadtkirche waren die meisten Pfarrer aus dem Kirchenbezirk ebenso wie Weismanns Amtskollege Arno Liebers, Superintendent des Kirchenbezirks Oschatz/Leißnig, sein Vorgänger Ekkehard Vollbach, Landrat Henry Graichen (CDU), die Bornaer Oberbürgermeisterin Simone Luedtke (Linke) und ihr Amtsvorgänger Bernd Schröter (Bürger für Borna). Gekommen waren auch die CDU-Bundestagsabgeordnete Katharina Landgraf und der CDU-Landtagsabgeordnete Georg-Ludwig von Breitenbuch – allesamt, um sich von einem „begnadeten Prediger“ zu verabschieden, wie es Oberlandeskirchenrat Dietrich Bauer sagte. Bauer war es auch, der Weismann die Urkunde übergab, derzufolge Weismann ab Monatsende Superintendent i.R, im Ruhestand, ist. Weismann sei auch ein „humorvoller Protestant“ und vor allem „ein leidenschaftlicher, immer zur Versöhnung bereiter Streiter“ gewesen.
Barbara Vetter, Pfarrerin in Prießnitz und stellvertretende Superintendentin, lobte Weismanns großes Talent, „Leute zu motivieren und für neue Ideen zu begeistern“. Und weiter: „Er war sehr präsent im Kirchenleben.“ Weismann sei jemand, „der unsere Sprache spricht“. Pfarrerin Vetter: „Matthias Weismann war ein Glücksfall.“
Der 65-Jährige, der sich am Ende des Gottesdienstes mit einem fröhlichen „dennoch“ verabschiedete, hatte zunächst an die gravierenden Veränderungen im Laufe seiner Dienstzeit erinnert. Seit 1997 habe sich die Zahl der Gemeindeglieder in Borna halbiert. Im heutigen Kirchenbezirk Leipziger Land ging die Zahl der Kirchenmitglieder von 51 000 auf 30 000 zurück.
Der scheidende Superintendent werde „eine Riesenbaustelle“ hinterlassen, erklärte Kirchenbezirksvorstand Gerhard Landgraf auf der anschließenden Grußstunde im Bornaer Stadtkulturhaus. Gemeint war die Strukturreform, vor der der Kirchenbezirk ebenso steht wie die gesamte sächsische Landeskirche. Aber Weismann, so Landgraf weiter, „hat uns dazu befähigt, damit konstruktiv umzugehen“.
Die Bornaer Oberbürgermeisterin kündigte an, Weismann die höchste Ehre angedeihen zu lassen, die die Stadt Borna zu vergeben hat. „Ich werde dem Ältestenrat des Stadtrates vorschlagen, dass Sie und Ihre Frau sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen.“
Matthias Weismann war 1997 von der Dresdner Erlöser-Andreas-Gemeinde als Pfarrer nach Borna sowie an die Spitze des damaligen Kirchenbezirks Borna gekommen. Im Jahr 2009 wurde der gebürtige Leipziger vom Jahrgang 1952 Superintendent des neuen Kirchenbezirks Leipziger Land, zu dem neben Borna auch Grimma und Wurzen gehören. Der gelernte Holzmodellbauer hatte im Jahr 1980 seinen erste Pfarrstelle in Weißenberg angetreten. Sein Lebensmittelpunkt wird künftig Meißen sein.
Von Nikos Natsidis