Gestern stand ein Kollege in meiner Bürotür, grinste frech und meinte: „Na bei Ihnen zahlt sich das Training ja aus…“ Ich hatte ein schwarzes Kleid an und wahrscheinlich ist das seine Art, Komplimente zu verteilen.
Auf jeden Fall scheint es ein Riesenthema zu sein. Und das nicht erst seit gestern. Bereits im März fragten mich zwei Kolleginnen unabhängig voneinander: „Hast Du abgenommen?“ Da hatte ich zwar schon fleißig über „Lauf geht’s!“ berichtet, aber noch keinen Meter gemeinsamen Lauftrainings absolviert. War also nicht so.
Die Frage ist zwar angenehmer zu beantworten als: „Bist Du schwanger?“ Ist mir selbst glücklicherweise nie passiert. Dafür gleich DREI guten Freundinnen. Und jetzt mal aufpassen, verinnerlichen und umsetzen: Diese Frage stellt man keiner Frau. Niemals. Ohne Ausnahme. Wenn sie es ist, wird sie es irgendwann mitteilen. Oder den Nachwuchs vorstellen. Und alles andere ist …
Aber zurück zum Thema. „Hast Du abgenommen?!“ hat sich in unserer Gesellschaft zu einem wunderbaren Türöffner entwickelt. Die Frage schafft gute Laune und eine schöne Gesprächsatmosphäre. Meine am Ende leider demente Großmutter hat mich in ihren letzten Lebensjahren immer so begrüßt. Ein entfernter Bekannter empfängt damit jede Frau, mit der er mehr als drei Sätze wechselt.
Bitte nicht falsch verstehen: Ich weiß von Teilnehmer/innen, die schon mehrere Kilo abgenommen haben. Die sich über weniger Bauchumfang und lockerer sitzende Kleidung freuen. Und da freue ich mich natürlich ordentlich mit.
Wie so oft im Leben sollten wir uns aber nicht nur von Äußerlichkeiten blenden lassen. Sondern uns darüber freuen, dass unser Körper mitspielt. Erst gestern habe ich wieder eine Mail von einem Teilnehmer bekommen, den ein Überlastungsbruch im rechten Sprunggelenk außer Gefecht gesetzt hat. (Ihm und allen anderen Verletzten wünsche ich an dieser Stelle noch einmal „Gute Besserung!“)
Abnehmen sollte nicht die einzige Motivation sein, die Laufschuhe zu schnüren. Wenn man sich jahrelang nicht bewegt hat und nun – zumindest laut Trainingsplan – viermal die Woche auf die Piste geht, ist es keine Überraschung, dass die Waage weniger anzeigt. Und das bei den Teilnehmer/innen, die schon länger Sport gemacht haben, weniger passiert, erklärt sich ja auch von selbst.
Freuen wir uns also bitte mindestens genauso doll über die inneren Werte. Ein besseres Blutbild. Mehr Sauerstoff. Die Entlastung der Gelenke. Und das Umdenken, dass ganz automatisch passiert: Ich gehe jetzt immer öfter am Fahrstuhl vorbei und nehm die Treppe, wenn ich in mein Büro in den vierten Stock möchte.
Wer schreibt hier?
Anne Sturm, Jahrgang 1973, wohnt in Leipzig und ist hier schon viel rumgelaufen: durch den Auenwald, um die Rennbahn, zum Wildpark, quer durchs Rosental – allerdings noch nie mehr als 10 Kilometer am Stück. Mit „Lauf geht’s!“ will auch die Projektleiterin der LVZ im Oktober beim Leipziger Halbmarathon an den Start gehen. Sie erreichen die Autorin unter a.sturm@lvz.de. Außerdem berichtet sie via Twitter und bei Instagram über die Aktion "Lauf geht's!".