Leipziger Hebamme Adelina Ajeti in den Kosovo abgeschoben

Seit fast einer Woche ist Adelina Ajeti nun wieder im Kosovo. Dem Land, das sie vor fünf Jahren verlassen hatte, um in Deutschland ein neues Leben zu beginnen. Das hatte sie geschafft. Sie arbeitete in Leipzig als Hebamme, hat hier gemeinsam mit ihrem Ehemann eine Wohnung, spricht Deutsch und ist bestens integriert. Doch dann stand eines Nachts die Polizei vor ihrer Tür. Über die Ereignisse in der Nacht vom 18. November zu sprechen, fällt Adelina Ajeti noch schwer. „Es war alles wie immer“, beginnt sie. „Mein Mann und ich sind gegen 23 Uhr ins Bett gegangen. Um zwei Uhr nachts hat es dann plötzlich an der Tür geklopft“, so die 30-Jährige. Als sie öffnet, drängen mehrere Polizeibeamte an ihr vorbei in die Wohnung. Sie teilen ihr mit, dass sie und ihr Mann in den Kosovo abgeschoben werden. Eine Stunde bleibt ihnen, um zwei Koffer zu packen. Dann ging es nach Berlin und von dort aus mit dem Flugzeug in den Kosovo. „Ich war wie betäubt“, erinnert sich Adelina Ajeti. „Ich habe überhaupt nicht verstanden was los ist und konnte nicht atmen.“ Ein Paradebeispiel für gelungene Integration: Mit einer Abschiebung hatte weder sie noch ihr Umfeld gerechnet. „Adelina ist ein Paradebeispiel für gelungene Integration“, sagt Emily Röger. Sie ist die Tochter von Dagmar Röger, in deren Hebammenpraxis „Kleine Füße“ Adelina gearbeitet hat. Auch die Patientinnen der Praxis waren geschockt über Adelinas plötzliches Verschwinden und starteten kurzerhand eine Spendenaktion für sie. „Wir fordern eine sofortige Wiederaufnahme des Verfahrens und eine Rückholung von Adelina und ihrem Ehemann. Ihr Fehlen bedroht mehrere Dutzend Kinder, Frauen und ganze Familien“, heißt es hier. Auch eine Website und eine Online-Petition wurden gestartet. In der Hebammenpraxis von Dagmar Röger konnte Adelina Ajeti endlich ihren Beruf ausüben. Sie hat im Kosovo studiert – dort werden Hebammen an der Universität ausgebildet – und dann zwei Jahre lang vergeblich nach Arbeit gesucht. 2015 beschlossen sie und ihr Mann, nach Deutschland zu gehen. Als Geflüchtete beantragten sie in Chemnitz Asyl. Nach einigen Stationen bezogen sie im Dezember 2016 in eine kleine Wohnung in Leipzig. Adelina lernte Deutsch, machte mehrere Praktika in der Hebammenpraxis von Dagmar Röger, um die Fachbegriffe ihres Berufs auf Deutsch zu lernen. Ihre Ausbildung in Deutschland anerkennen zu lassen, war ihr Ziel. Doch das sollte sich als schwierig erweisen. Abgelehnter Asylantrag und verlängerte Aufenthaltsgenehmigung: Bis heute hat sie lediglich eine Teilzulassung als Hebamme. Adelina Ajetis ungewisser Aufenthaltsstatus ist Teil des Problems. Ihr Asylantrag wurde von der Zentralen Ausländerbehörde in Chemnitz abgelehnt. Die Ausländerbehörde in Leipzig hatte ihr eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt, die halbjährlich verlängert werden musste. Diese ungewisse Bleibedauer sorgt dafür, dass sie das einjährige Praktikum in einer Klinik nicht absolvieren kann, das für ihre Zulassung als aber Hebamme notwendig wäre. So bleibt es bei der Teilzulassung, mit der sie aber in der Praxis arbeiten kann. Ihren letzten Antrag auf Verlängerung ihrer Aufenthaltsgenehmigung stellte Adelina Ajeti im Oktober. Bislang habe sie noch keine Antwort erhalten, erzählt sie. Für Emily Röger ist das Vorgehen der Ausländerbehörde völlig unverständlich. „Alle hatten erwartet, dass die einen dauerhaften Aufenthaltsstatus bekommt“, betont sie. Denn Hebammen würden in Deutschland doch dringend gesucht. Die zuständige Zentrale Ausländerbehörde in Chemnitz betont hingegen die Richtigkeit des Verfahrens: „Als Landesdirektion führen wir das Asylverfahren durch. Nachdem der 2015 gestellte Asylantrag abgelehnt wurde, weil kein Fluchtgrund besteht, ist die Betroffene seitdem vollziehbar ausreisepflichtig“, teilte ein Sprecher auf LVZ-Anfrage mit. Der größte Wunsch: Die Rückkehr nach Deutschland: Im Kosovo sind Adelina Ajeti und ihr Mann bei dessen Bruder untergekommen. Eine Zwischenlösung. Beide hoffen auf eine Rückkehr nach Deutschland. Dazu müsste allerdings das zweieinhalbjährige Einreiseverbot, das nach einer Abschiebung gilt, aufgehoben werden. Die Spenden der Unterstützerinnen sollen einen Anwalt finanzieren, der Ajetis Fall neu prüft. „Sie fehlt und wir wollen sie wieder hier haben“, sagt Emily Röger. Man hoffe darauf, dass sie als Fachkraft nach Deutschland kommen könne und dann endlich auch ihre Berufsausbildung anerkannt werde. Das ist auch Adelinas Ajetis größter Wunsch. „Heimat ist das Land, wo man sich wohl fühlt“, sagt sie. Das sei für sie Deutschland. Die breite Unterstützung ihrer Patientinnen und Freunde gebe ihr viel Kraft. „Mein Wunsch wäre es, nächstes Jahr wieder nach Leipzig zurückzukommen.“ Von Lilly Günthner