Mewes’ Gastro-Kritik: Halbgares aus dem Leipziger Ratskeller

„Frauen weg vom Herd“, steht auf der Website des Ratskellers, daneben der Hinweis auf Genussboxen für Zuhause. Ich bestelle eine für zwei Personen und muss mich an den Herd stellen... Gut, das steht etwas kleiner gedruckt daneben, aber nun sollte der Inhalt erst recht halten, was er verspricht. Schließlich soll mit Blick auf die Osterfeiertage wenigstens kulinarisch alles klappen, da, Corona sei Dank, schon sonst nichts groß erlaubt ist. Alles vorbereitet: Die Übergabe der online bereits bezahlten Box, pünktlich 16.30 Uhr, klappt reibungslos. Es ist eine handlich-kleine Pappschachtel, zugeklebt, damit die Kälte von zwei Kühlakkus nicht vorschnell entweicht. Außerdem drückt mir der Chefkoch (er stellt sich vor) noch die inkludierte Flasche Rotwein in die Hand, ein Cabernet-Sauvignon aus dem Cachapoal-Tal in Chile. Zuhause angekommen nehme ich alles in Augenschein: Zum Zwei-Gänge-Menü gehören Sous-Vide gegarter Lammrücken, Portweinsauce, Bohnenbündchen mit Hopfenschinken und Rosmarinkartoffeln sowie Schoko-Brownie mit Mousse au Chocolat-Praline, Himbeer-Holunder-Sauce und Koriandererde als Dessert. Die Hauptzutaten sind einzeln in sieben Beutel gepackt. Dazu kommen vier Döschen mit Gewürzen und eine weiße Pappschachtel mit zwei fast Tischtennisball großen Pralinen. Auf jeder Verpackung klebt das Datum, bis wann alles zubereitet und gegessen sein muss, in meinem Fall sind noch drei Tage Zeit. Die verschaffen Spielraum, aber ich bin hungrig und gespannt, wie das nun laufen wird. Die beigefügte Anleitung liegt bereit und wegen der Optik lasse ich auch das über einen QR-Code abrufbare Video auf dem Tablet mitlaufen. Los gehts: Die zwei Teile vom Lammrücken sind wohl äußerst sanft Sous-Vide gegart, denn sie wirken recht roh. Bei dieser Art der Zubereitung werden die Komponenten einzeln mit Gewürzen in spezielle Beutel eingeschweißt und dann bei niedrigen Temperaturen vor-, aber nicht fertiggegart. Das erlaubt eine frische Verarbeitung und verlängert die Haltbarkeit bei weiterer Kühlung um bis zu vier Tage. Leider fehlen hier die angekündigten Kräuter. Das ist schade, da ihre Aromen das Fleisch schon würzen sollten. Es ist nun aber auch nicht das Ende der Welt, schließlich lassen sich Rosmarin und Thymian aus eigenem Bestand ergänzen. Gelingsichere Beschreibung: Ich halte mich ansonsten akribisch an die Anleitung und siehe, das Mahl gelingt! Die beiden Lammstücke erhalten außen schöne Röstaromen, innen sind sie zart, rosa und saftig. Bei den grünen Bohnenbündchen gerät der Speckmantel kross und gibt dem Gemüse einen kräftigen Geschmack ab. Die vorgegarten Kartoffeln gewinnen durch die beigelegten Knoblauchzehen sowie Rosmarin und etwas Meersalz aus dem Regal. Wer die angegebene Reihenfolge einhält muss nicht zwangsläufig viel Ahnung vom Kochen haben, erst recht nicht beim Dessert: Während die beiden rechteckigen Schokobraunies im Herd leicht wärmen, mische ich aus Puderzucker, Kakaopulver und Wasser die Schokoladensauce, löffele Himbeer-Holunder-Sauce auf einen Teller, daneben ein Häufchen Koriandererde. Auf diese pikante Mischung, hauptsächlich hergestellt aus zerstoßenen Koriandersamen und -blüten, kommt je eine der beiden Pralinen. Sie sind mit dunkler Schokolade umhüllt und festlich wirkendem Goldstaub dekoriert, innen wie versprochen mit Mousse au Chocolat und einer sahnigen, hellen Creme gefüllt. Die Kombination aus fruchtig, herb und süß macht optisch etwas her und ergänzt sich vor allem geschmacklich gut. Dazu passt der bereits erwähnte Cabernet-Sauvignon vom Weingut Viña La Rosa. Dank 13,5 %Vol. Alkohol bringt er Kraft, aber auch ausgewogene Noten von Beeren und Gewürzen mit – und entschädigt sozusagen für den Aufwand am eigenen Herd. Lohnt sich das Ganze überhaupt, da man ja doch wieder in der Küche steht? Eindeutig ja. Richtig zubereitet ist das Essen heiß und in der Qualität jedem gelieferten überlegen, weil Profis alles akribisch geplant, eingekauft und vorbereitet haben. Allein das aufwändige Herstellen der exzellenten Portweinsauce hätte weit mehr Zeit gebraucht, als ich selbst investiert habe. Adresse: Lotterstr. 1, 04109 Leipzig, Tel. 0341-123 45 67 www.ratskeller-leipzig.de Konzept: Traditionsrestaurant mit regionaler Küche, modern ambitioniert Extras: Gasthausbrauerei, Salons, Onlineshop Geöffnet: aktuell nur Abholung tägl. 11 bis 18 Uhr Preise: Genussboxen 59/99 Euro (noch bis 11.4.2021) Kartenzahlung: Paypal, Lastschrift, Debit- oder Kreditkarte Gesamtnote: 8,25/10 Essen: 8,5 Service: 8 Ambiente: keine Bewertung Fazit: Die Qualität der Speisen zum selbst Fertigkochen ist heiß gelieferten weit überlegen. Mehr aus der Reihe „Mewes testet“ So schmeckt japanische Küche in Leipzig Leipzigs beste Burgerläden Vietnamesische Küche in Leipzig Wo gibt es Leipzigs beste Currywurst? Döner im Test: Die beliebtesten Imbisse in Leipzig Die schönsten Biergärten der Stadt LVZ-Test: So schmeckt der Orient in Leipzig LVZ-Test: Wo gibt es Leipzigs beste Pizza? 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Mewes’ Gastro-Kritik: Halbgares aus dem Leipziger Ratskeller – Ostermenüs im Test