LVZ-Leser schreiben zu Pflege in Corona-Zeiten, Gassigehen-Pflicht und Wahl-Protesten

Für verantwortungsbewusste Hundebesitzer ist das Gassigehen mehrmals am Tag keine Frage – da braucht es keine politische Order. Andere Dinge in Sache Hundehalten sollten eher auf die Agenda. Mehr Kontrollen statt Gassigehen-Pflicht: Zum Artikel „Zweimal am Tag Gassi gehen“ (18. August) Unsere Bundeslandwirtschaftsministern, Julia Klöckner, will doch tatsächlich Hundebesitzern verordnen, zweimal am Tag Gassi zu gehen. Viel wichtiger wäre, dass es keine Genehmigung gibt, zum Beispiel große Hunde in Wohnungen ohne Auslauf zu halten. Das könnte über die Vermieter oder auch das Finanzamt geschehen, indem vor Anschaffung geklärt wird, welcher Hund für Wohnungshaltung geeignet ist und ob sich der potenzielle Hundehalter überhaupt eignet. Es sollten auch wesentlich mehr Kontrollen angeordnet werden, um die Hundebesitzer abzustrafen, die nach wie vor ihre Hunde auf Fußwegen, in Grünanlagen, auf Spielplätzen ... ihr Geschäft verrichten lassen, ohne es zu beseitigen. So lange derartige Voraussetzungen nicht geschaffen sind und kein entsprechendes Personal für die Kontrollen zur Verfügung steht, sollte man sich über das Gassigehen wirklich keine Gedanken machen. (Ilona Marek, per E-Maik) Der Begriff „Wut“ ärgert uns: Zu „Zweimal am Tag Gassi gehen: Wut über geplante Pflicht“ (26. August) Der Titel geht doch völlig am Thema vorbei und fördert „Wutbürgersprech“. Natürlich wundern sich Hundebesitzer, denen viel am Wohl ihres Tieres liegt, über so ein Gesetz, das aber, ohne dass wir Zahlen kennen, offensichtlich notwendig ist. Inhaltlich wäre dazu höchstens zu fragen, wie die Umsetzung solch eines Gesetzes überprüft werden kann? Wozu dann der Begriff Wut? Diese Sprache ärgert uns. (Bettina und Jochen Eckert, per E-Mail) Welche Botschaft soll dem Leser vermittelt werden? Zum Artikel „Ein Dilemma“ (21. August) Beim Lesen des Beitrags zur Ausstellung des Bundes Bildender Künstler in der Spinnerei frage ich mich, ist die Gemengelage um die Eröffnung das Dilemma oder der Artikel an sich? Der Eindruck entsteht, dass es für den Autor ein Dilemma ist, diesen Artikel zu schreiben, immer eingedenk, nirgendwo anzuecken. Volker Rodekamp (langjähriger Direktor des Stadtgeschichtlichen Museums Leipzig – Anmerkung d. Redaktion) sagt, Kunst sei, und sie müsste frei sein, immer politisch. Dem ist nichts hinzuzufügen! Für ihn sei es die richtige Entscheidung, dass der in die Schlagzeilen geratene Axel Krause hier nicht präsentiert wird. Gleichzeitig distanziert sich der Vereinsvorsitzende Torsten Rost nachdrücklich von der politischen Haltung Axel Krauses, der wiederum rechtliche Schritte gegen seine Ausladung ankündigt. Einer Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, oder auch Künstler*innen, von denen ein Teil ihre Arbeiten zurückgezogen hat, fehlt eine offene Diskussion innerhalb des Vereins – unter anderem deshalb, weil sie nicht an einer künstlerischen Veranstaltung beteiligt sein wollen, die für politische Zwecke instrumentalisiert wird. Aus Sicherheitsgründen wurde diese Mitteilung nicht unterzeichnet. Axel Krause kritisiert (meines Erachtens zu Recht), dass einerseits Debatten geführt werden sollen, er andererseits aber ausgeladen wird. Mir raucht der Kopf! Was soll der Artikel vermitteln? Solche Beiträge unter dem Motto „Ich bin dafür, dass ich dagegen bin“ oder „Weder Fisch noch Fleisch“ sollten besser unterbleiben! Welche Botschaft soll dem Leser vermittelt werden? (Jürgen Wilhayn, 04317 Leipzig) Anmerkung der Redaktion: Unser Autor wollte keine Botschaft vermitteln, sondern hat über die verschiedenen Positionen bei dieser Ausstellung berichtet. Viel Gewohntes geht über Bord – warum nicht auch diese Sprachformen: Zum Artikel „ Es ist nicht egal, wie ich spreche“ (19. August): Die über Jahrhunderte von Männern geprägte, juristisch justierte und regulierte Sprache bezieht sich zuvörderst auf den Mann und berücksichtigte Frau bestenfalls als nach- und untergeordnet, degradierte sie zudem im Deutschen zum Neutrum (das Weib, Frauenzimmer, Mädchen). Im Disput um Gerechtigkeit und Akzeptanz auf allen Gebieten spielt die historische Entwicklung ihre maßgebliche Rolle. Nichts bleibt, wie es war, und viel Gewohntes und Liebgewordenes geht über Bord. Warum nicht auch jene das Unrecht konservierende Sprachformen, an denen höchstens der alte Heros/Held hängt, der sich etymologisch von Hera, der großen griechischen Göttin, herleitet. Übrigens: Das vom Interviewer ins Spiel gebrachte „Satzungeheuer“ ist sächlich und steht außerhalb der Debatte. Es geht um Personen und nicht um Dinge. (Rita Jorek, 04416 Markkleeberg) Partys in der Pandemie – tolle Vorschläge von Nachwuchspolitikern: Zum Leitartikel „Solidarität ist keine Einbahnstraße“ (21. August) Danke für den Leitartikel. Er bestätigt meine Erfahrungen mit dummdreisten jüngeren Leuten, ebenso wie meine Hoffnung, dass es auch eine Reihe Jugendlicher gibt, die sich um ihre Zukunft ernsthafte Gedanken machen und nicht Party-Wahn und unbedarfte Rücksichtslosigkeit zu ihrem Lebenszweck erklären. Ich bin immer noch sprachlos über den Artikel vom 7. August „Jungpolitiker wollen Partys in der Pandemie“, in dem vom Staat Angebote für Feiermöglichkeiten eingefordert werden, es als eine „gesellschaftliche Aufgabe“ bezeichnet wird, „Jugendlichsein auch unter den Bedingungen des Pandemieschutzes zu ermöglichen“ – was immer damit gemeint sein soll – sogar von einem „Recht auf Party“ die Rede ist. Dafür sollen wahlweise der Staat oder Kommunen Angebote für Partyflächen schaffen. Die Gesellschaft besteht aber nicht nur aus Jugendlichen, die mit sich, ihrer Freizeit, ihren Freunden nicht viel anfangen können und nur in der Masse und bei möglichst unerträglicher Geräuschkulisse ihr „Jugendlichsein“ praktizieren wollen. Und dafür sollen alle anderen Verständnis haben und die zusätzlichen Kosten und Aufwendungen tragen, einschließlich der unausbleiblichen Einsätze von Polizei und Ordnungsämtern, Reinigungskosten für diese Partylocations im öffentlichen Raum und der Behandlungskosten für die Teenager, die noch nicht ausreichend Erfahrungen sammeln konnten, wie viel Alkohol oder andere Drogen sie vertragen. Tolle Vorschläge von Nachwuchspolitikern und einer Mitarbeiterin des Deutschen Jugendinstitutes. (Sigrid Berndt, 04827 Machern) Vermisse hier den Aufschrei der Anständigen: Zum Artikel „Die Leipziger Polizei wollte nicht, dass wir den Original-Einkaufswagen zeigen / Das ,Peng!‘-Kollektiv wurde zu einem Kunstfestival nach Chemnitz eingeladen“ (14. August) Wie instinktlos muss man eigentlich als Ausstellungsmacher und „Künstler“ sein, um die eigene militante Weltsicht anderen als Kunst anzubieten und sogar noch als Arbeit zu bezeichnen. Eine Gruppierung, deren fanatisierte Anhänger zum Teil vom Verfassungsschutz beobachtet werden, erhält damit nicht nur eine Plattform, angeboten von der Stadt Chemnitz, sondern auch noch Geld von der Stadt, vom Land und vom Bund. Mithin Steuermittel für Leute, die es für legitim halten, mittels Brandstiftung Hunderttausende von Euro zu vernichten, mittels Faustschlägen eine Frau an ihrer Wohnungstür zu verprügeln, mittels Steinwürfen Polizisten in Lebensgefahr zu bringen... Wo bleibt der Aufschrei der Anständigen hier? (Karin Keil, 04158 Leipzig) Ohne Corona-Maßnahmen sterben Menschen, gehen Betriebe kaputt: Zu „Deutschland muss jetzt durchhalten“ (15./16. August) und die Leserbriefe dazu (25. August) Ich bin erschüttert über die Oberflächlichkeit und die mangelhafte Risikoabwägung derer, die in dem aus meiner Sicht aufrüttelnden und positiv provokanten Artikel nur das Wort „Wasserwerfer“ verstanden haben. Was bitte ist friedlich an Demonstranten, die Sicherheitsabstand und Maskenpflicht ignorieren? Ja, wir haben (noch) geringe Fallzahlen in Sachsen. Wer garantiert jedoch jedem einzelnen Teilnehmer, dass eine mögliche Infektion schwach verläuft und keine Spätfolgen bleiben? Man kann die Maßnahmen übertrieben finden oder nicht – aber sicher ist: Ohne Maßnahmen sterben Menschen, gehen Betriebe kaputt. Natürlich sollen sich Menschen frei äußern dürfen. Aber mit Maske und mit Abstand! Wer sich jedoch ungeschützt als Multiplikator dem Virus anbietet und somit Menschenleben riskiert, muss es sich gefallen lassen, als Gefährdung behandelt zu werden. Was hilft am Besten gegen das Virus? Gründliche Wäsche! (Thorsten Wilther, per E-Mail) Überhangmandate – das Einfache liegt so nah: Zum Artikel „GroKo einigt sich doch noch auf Verkleinerung des Bundestags (27. August) Seit Jahren wird das Problem mit den Überhangmandaten diskutiert und nichts passiert. Aktuellen Informationen zufolge wird es auch in diesem Jahr zu keiner Lösung kommen. Dies liegt in erster Linie daran, dass jede Partei so viele Abgeordnete wie möglich im Parlament haben möchte. Da die Parteien die Kosten für den Bundestag nicht aus der eigenen Parteikasse zahlen müssen, ist der Druck für Einsparungen gering. Mein Vorschlag: Dem Bundestag wird ein festes Jahresbudget oder besser noch ein Maximalbetrag vorgegeben, der durch die Bundestagsverwaltung gemanagt wird. Kommt es zu Mehrausgaben in einem Jahr, so werden diese auf das kommende Jahr angerechnet. So wie die „schwäbische Hausfrau“ mit dem ihr zur Verfügung stehenden Haushaltsgeld wirtschaften muss, so sollten es auch die Parteien und Abgeordneten praktizieren. Ohne den Abgeordneten etwas zu unterstellen, die Diskussion von Überhangmandaten wird sich wie von alleine lösen. Auf alle Fälle wird der Steuerzahler zufrieden und nicht der Dumme sein, der immer nur zur Kasse gebeten wird. (Matthias Grosse, per E-Mail) Die Corona-Toten sind nicht nur reine Zahlen: Zum Artikel „Die Unfähigkeit zu trauern“ in der Beilage „Sonntag“ (22./23. August) Manchen guten Artikel habe ich in Ihrem Wochenendmagazin schon gefunden, so auch diesen. Es wird Zeit, mal auszusprechen, dass die Corona-Toten in Deutschland nicht nur eine reine Zahl sind und dass der Tod zum Leben jedes Menschen gehört. „Wir sollten den Tod vielmehr in die Mitte des Lebens holen, ihn zu einem ganz normalen Gesprächsthema machen“, findet die zitierte Trauerberaterin. Bemerkenswert der Vergleich in der dritten Spalte unten, der zu den Fragen führt: „Sind mehr als 9000 Tote ‚schlimm’? Oder angesichts von mehr als 200 000 jährlichen Krebstoten eigentlich gar nicht so dramatisch? Ist es unlogisch und unfair, dass jeden Tag die Corona-Toten vermeldet werden?“ Ich wage keine Antwort. Jedenfalls ist es ein zum Nachdenken anregender Artikel. Und nicht der einzige in dieser Nummer. (Christoph Hellmundt, 04279 Leipzig) Hilfen sind komplett weggebrochen: Zum Artikel „Corona erhöht den Druck auf pflegende Familienangehörige“ (17. August) Als (berufstätige!) pflegende Ehefrau und gut vernetztes Mitglied vom Verein Pflegende Angehörige e. V. muss ich den Artikel teilweise korrigieren. Mit der Pandemie sind schwer zu organisierende Hilfen nicht „weniger geworden“, sie sind komplett weggebrochen! Tagespflegen waren monatelang zu und durften nur in ganz seltenen Ausnahmefällen Notdienste anbieten. Bei uns waren dies elf Wochen. Da reicht kein Jahresurlaub, der in der Regel eh zum großen Teil für alles rund um die Pflege gebraucht wird. Familienmitglieder und andere Helfer, oft selbst risikobehaftet, blieben monatelang weg. Selbst Pflegedienste, die ihre Arbeit zumeist weiterführten, wurden durch fehlende Schutzausrüstung zu einer Gefahren- quelle. Die Frage, was passiert mit dem zu Pflegenden, wenn der pflegende Angehörige akut ausfällt, ist schon ohne die Gefahr einer Corona-Infektion ein Problem. Notfallpläne oder kurzfristige Hilfsangebote gibt es nicht. Ich stellte diese Frage den Mitarbeitern der Corona-Hotline der Stadt Leipzig und des Freistaates Sachsen sowie unserer Pflegekasse. Das Ergebnis: Wenn man akut erkrankt, muss man sich auch akut selbst um Hilfen kümmern. (Brigitte Braun, 04159 Leipzig) Meinung auch mit Fakten untersetzt: Zum Artikel „Wertfrei“ von Jürgen Kleindienst (27. August) Einer der besten Beiträge ihrer Zeitung in der letzten Zeit. Mit Ironie gelingt es, die Scheinheiligkeit deutscher Politik im Umgang mit Julian Assange offenzulegen. Der Autor hat nicht nur eine Meinung, sondern er untersetzt sie auch ausreichend mit Fakten. (Sieghart Hofmann, 04177 Leipzig) Es gilt die Unschuldsvermutung: Zum Leitartikel „Putin agiert konspirativ – wieder einmal“ (22./23. August) Ihr Autor bringt es in seinem Kommentar zum Thema Alexej Nawalny eigentlich gut auf den Punkt. Es sei bitter, dass Putin hierzulande links und rechts Sympathisanten habe, der Westen könne nichts tun angesichts der dünnen Faktenlage, gegen Putins Autoritarismus sei kein Kraut gewachsen. Doch, ich hätte eins: Einfach mal an die Spielregeln halten und nicht bei jedem noch so zwielichtigen Vorfall sofort dem russischen Präsidenten die Schuld in die Schuhe schieben, wenigstens nicht, bevor wirklich alle Fakten auf dem Tisch liegen. So wie man in einem Rechtsstaat vor Gericht auch selbst behandelt werden möchte – es gilt die Unschuldsvermutung, und ohne glasklare Beweislage ergeht ein Urteil im Zweifel für den Angeklagten. Die Faktenlage war und ist teilweise auch bei allen anderen aufgezählten Fällen dünn, das Urteil stand jedoch immer schon fest. Ist das vielleicht die Bedingung, um die verhängten Sanktionen bis in alle Ewigkeit zu rechtfertigen oder neue zu verhängen? Ist eine Normalisierung der Beziehungen vielleicht gar nicht gewollt? So kommt sie jedenfalls nicht zustande und spielt den politischen Rändern fröhlich weiter in die Hände. (Dr. Stefan Röhrbein, per E-Mail) Permanente Einmischung der EU: Zur den Vorgängen um den Kremlkritiker Alexej Nawalny Warum ist Frau Merkel nur so erpicht darauf, den Todfeind Putins, Nawalny, nach Berlin zu holen? Kommt kein einziger Politiker oder Journalist mal auf die Idee, dass alles eine Inszenierung ist? Das Gleiche gilt für den dubiosen Giftanschlag (?) auf den Doppelagenten Skripal in England oder für den mysteriösen Mord an einem georgischen Terroristen im Berliner Tiergarten. Schuld hat immer Putin. Beweise gibt es keine. Diese permanente Einmischung der EU, allen voran von Deutschland und Frankreich, in Osteuropa ist kontraproduktiv und höchst gefährlich. Die Osteuropäer müssen ihre Konflikte selber lösen. (Dr. Roland Kühnel, 04109 Leipzig) Der nächste Konflikt steht im Raum: Zu den Wahlen und den anhaltenden Protesten dagegen in Belarus An einen Wahlerfolg von Alexander Lukaschenko von 80 Prozent glaubt sicher kein Mensch, obwohl er insbesondere in der ländlichen und älteren Bevölkerung noch viele Sympathien hat. Dies aufgrund der Tatsache, dass Belarus in den 90er-Jahren relativ stabil war und Löhne/Renten regelmäßig und vollständig gezahlt wurden (im Gegensatz zum Chaos unter Jelzin). Noch weniger glaube ich an einen Wahlerfolg von – oh Wunder – ebenfalls 80 Prozent für die Opposition. Ich hoffe, dass sich in den nächsten Monaten nicht folgende Entwicklung ergibt: EU und Nato„unterstützen“ die Installation einer dem Westen freundlich gesonnenen Regierung mit potenzieller Mitgliedschaft von Belarus in EU/Nato. Dies würde russischen Interessen fundamental entgegenstehen, ist doch Belarus Mitglied der Euro-asiatischen Wirtschaftsgemeinschaft und noch ein gewisser Puffer zwischen EU/Nato und Russland. Und schon hätten wir den nächsten Konflikt mit Russland. (A. Liebscher, per E-Mail) So können Sie uns erreichen: E-Mail: Leserbriefe@lvz.de Facebook: LVZ Leipziger Volkszeitung Twitter: @LVZ Instagram: lvz.de Die – meist gekürzten – Beiträge geben die Meinung des Absenders wieder und stimmen nicht in jedem Fall mit der der Redaktion überein. Von lvz