Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Seit gut einem Jahr ist die Haltestelle „Schweizerbogen“ am nördlichen Straßenrand der Franzosenallee barrierefrei. Doch die Busse der Linie 76 fahren vorbei und halten erst knapp 50 Meter weiter – an einer vergleichsweise schmucklosen Station, die nicht nur wie ein Provisorium ausschaut, sondern wohl auch eins ist. Dabei kommt der kürzlich neu errichtete Haltepunkt „Schweizerbogen“ richtig schick daher. Der sogenannte Kasseler Sonderbord würde allen Altersgruppen ein sicheres Ein- und Aussteigen garantieren und das integrierte Blindenleitsystem führte Sehbehinderte sicher zum Fahrzeug hin und vom Bus auch wieder weg. Doch leider wurde die mustergültige Haltestelle am falschen Fleck errichtet. Denn nach den Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen (R-FGÜ 2001) dürfen Haltepunkte des Öffentlichen Personennahverkehrs in Fahrtrichtung nur nach einem Zebrastreifen errichtet werden – und nicht zehn Meter vor dem Überweg, wie in Probstheida geschehen. Haltende Busse nehmen den Autofahrern in einem solch desaströsen Fall die Sicht auf den Schutzstreifen, während die Fußgänger am Überweg den rückwärtigen Verkehr nicht überblicken können.
Querungshilfe statt Zebrastreifen
„Wir können nachvollziehen, dass der jetzige Zustand zu Irritationen bei den Fahrgästen führt“, heißt es denn auch in einer Stellungnahme der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB). Sodann erläutert ein Mitarbeiter des LVB-Teams Kundendialog die Hintergründe des vermeintlichen Schildbürgerstreiches: Für die Haltestelle Schweizerbogen beinhalte die Planung beim Verkehrs- und Tiefbauamt der Stadt Leipzig den barrierefreien Ausbau der „Aufstellflächen“ in beide Richtungen. Mit „Aufstellflächen“ sind in diesem Fall jene Bereiche gemeint, an denen Fahrgäste auf den Bus warten. Im Rahmen der Erschließung des angrenzenden Wohngebietes Katzstraße habe die dort tätige Baufirma „im Vorgriff auf den vorgesehenen Haltestellenausbau vom Verkehrs- und Tiefbauamt den Auftrag erhalten, beim Bau der Gehwege gleich die Aufstellfläche für die Haltestelle in Richtung Probstheida barrierefrei mit herzurichten“, heißt es. Grundsätzlich, ist der Info aus dem Hause LVB des Weiteren zu entnehmen, sei bei dem Projekt vorgesehen, den bestehenden Fußgängerüberweg zu entfernen und dafür eine Querungshilfe – eine Mittelinsel mit abgesenkten Borden – zu errichten. Da die geplante Querungshilfe und der Standort für die künftige Haltestelle „Schweizerbogen“ in Fahrtrichtung Herzklinik außerhalb des Erschließungsgebietes liegen, hätten sie vom Verkehrs- und Tiefbauamt separat ausgeschrieben werden müssen. Dieses Verfahren sei noch im Gange.
Rätselraten bei Anwohnern
Mitte Oktober, so hoffen sie bei den Verkehrsbetrieben, soll sich die Lage normgerecht entspannt haben. Anwohner rätseln bereits, wie das laufen soll. Das Dilemma werde wohl erst so richtig mit der Schließung der 31. (Container-)Schule behoben sein, die gegenwärtig direkt am Zebrastreifen liegt, munkeln sie. Mit dem Umzug in den Neubau in der Thierschstraße 5 zum Schuljahr 2020/21 würden Überweg respektive Querungshilfe eigentlich hinfällig. Beide sind in Tempo-30-Zonen wie in der Franzosenallee nämlich nur in Ausnahmefällen vorgesehen.
Von Lutz Brose