Bei diesen triftigen Gründen dürfen Sachsen nachts die Wohnung verlassen

Wer darf wann auf die Straße? Eine der umstrittensten Festlegungen der Bundesnotbremse sind die nächtlichen Ausgangssperren. Zahlreiche Kritiker haben wegen dieser Einschränkung schon eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe angekündigt. Ob das Bundesverfassungsgericht die Klausel im Infektionsschutzgesetz kassiert, ist völlig offen. Klar ist aber: Wenn in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt an drei Tagen in Folge die Inzidenz über 100 liegt, dann gelten dort die Ausgangssperren. Erst wenn der Wert an fünf Tagen in Folge unter 100 liegt, dann werden sie am übernächsten Tag wieder aufgehoben. Wann gilt die Ausgangssperre? Die Ausgangssperre gilt in der Zeit von 22 bis 5 Uhr. In dieser Zeit darf die Unterkunft nicht verlassen werden. Erstmals trifft die verschärfte Regel die Menschen am Sonnabend (24. April) um 0 Uhr. Lesen Sie auch Impftermine sind in Sachsen bis zum 16. Mai ausgebucht Widerstand gegen die Corona-Politik: Hintergründe des Protests in Sachsen Welche Ausnahmen gelten? Anders als bisher in Sachsen, gelten jetzt nur noch wenige Ausnahmen. Es handelt sich dabei um die sogenannten „triftigen Gründe“. Das Bundesgesetz zählt gerade noch sieben Möglichkeiten auf, wann die Menschen auch noch zwischen 22 und 5 auf die Straße dürfen. Eine Lockerung gilt nur zwischen 22 und 24 Uhr. In diesem Zeitfenster dürfen die Bürger allein spazieren gehen oder joggen. Das Gesetz spricht hier von körperlicher Bewegung. Damit sind auch Fahrten mit dem Fahrrad oder einem Tretroller möglich. Eine Sportanlage darf aber nicht benutzt werden. Wer bei korrekter Einhaltung aller Kontaktbeschränkungen allein einen anderen Hausstand besucht, muss somit bis Mitternacht zu Hause sein. Wer nachts arbeiten muss, darf während der Ausgangssperre ebenfalls seine Wohnung verlassen. Die neue Regel gestattet außerdem bei Notfällen den Gang auf die Straße. Dazu zählen: - die Abwendung einer Gefahr für Leib, Leben und Eigentum, insbesondere bei medizinischen oder veterinärmedizinischen Notfällen oder anderen unaufschiebbaren medizinischen Behandlungen. - die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts. - die unaufschiebbare Betreuung unterstützungsbedürftiger Menschen oder Minderjähriger. Erlaubt ist auch die Sterbebegleitung. - die Versorgung von Tieren. In einer letzten Klausel erlaubt das Gesetz mit Blick auf die zuvor gestatteten Ausnahmen bei „ähnlichen gewichtigen und unabweisbaren Zwecken“ das Verlassen der Unterkunft. Was darunter zu verstehen ist, hat das Bundesgesundheitsministerium, unter dessen Federführung das Gesetz entstanden ist, bisher nicht ausgeführt. Es kommt hier auf eine Bewertung des Einzelfalls an. Für den Bürger dürfte allerdings eine gerichtsfeste Einordnung ohne juristischen Beistand schwierig werden. Und wohlgemerkt: Bei einem Verstoß gegen die Ausgangssperre droht ein Bußgeld bis zu 2500 Euro. Die Festlegung der genauen Summe liegt im Ermessen des zuständigen Ordnungsamtes. Was wird aus den Ausgangsbeschränkungen in der sächsischen Corona-Schutzverordnung? Die sächsische Corona-Schutzverordnung weist nach wie vor bei einer Inzidenz von 100 Ausgangsbeschränkungen rund um die Uhr aus. Sie lassen sich aber leicht durchbrechen, weil mehr als 20 triftige Gründe den Gang auf die Straße gestatten. Was gilt denn nun? Die Antwort liefert das Grundgesetz in seinem Artikel 31. Die Faustregel heißt: Bundesrecht bricht Landesrecht. Durch die Bundesnotbremse gilt der entsprechende Abschnitt in der sächsischen Verordnung nicht mehr. Um Irritationen zu verhindern, arbeiten die Juristen im Dresdner Sozialministerium bereits an einer neuen Verordnung, die in der kommenden Woche beschlossen werden soll. Stand: 23. April 2021, 15 Uhr Von Matthias Roth

Corona-Ausgangssperre in Sachsen: Ausnahmen - wann darf ich mein Haus verlassen