Corona-Krise: Leipziger Erzieher auf Spielplatz-Streife?

Kinder und Jugendliche sind zu Hause – die Kindergärten und Schulen sind weitgehend geschlossen. Lediglich eine Notbetreuung wird gewährleistet, damit Mütter und Väter, die beispielsweise im Gesundheitsbereich arbeiten oder sich um die öffentliche Sicherheit sowie die Aufrechterhaltung der Infrastruktur kümmern, ihre Sprösslinge gut betreut wissen. Laut Leipziger Jugendamt waren es am Mittwoch in den Horten mindestens 276, in den Kitas 746 und in der Tagespflege 22 Mädchen und Jungen in den kommunalen und den Einrichtungen freier Träger. Da sich nicht alle gemeldet haben, gilt aber als sicher, dass diese Zahlen höher liegen. Lesen Sie mehr: Warum Lokaljournalismus gerade jetzt so wichtig ist – und nicht alles kostenlos sein kann Einige Erzieher ärgert, dass sie in den kommunalen Einrichtungen auf Anweisung des Arbeitgebers in voller Besetzung erscheinen müssen, obwohl kaum Kinder da sind. Bemängelt wird von den Erziehern, dass damit auch ältere und gesundheitlich vorbelastete Kolleginnen noch Dienst schieben müssten. „Bei Lehrern ist dies nicht der Fall“, sagt eine Frau, die anonym bleiben möchte. Gefährdete Personen könnte die Stadtverwaltung „durchaus aus dem Dienstplan nehmen“. Arbeitsvertrag gilt auch in Krisenzeiten: In der Verwaltung tut man sich mit dieser Forderung schwer. „Die Sorge, dass sich jemand infiziert, kann einem derzeit kein Arbeitgeber dieser Welt nehmen“, sagt Claudia Franko, die Personalamtschefin der Stadtverwaltung. Wer große Angst hat, könne Urlaub nehmen. Sie weist aber darauf hin, dass die Beschäftigen einen Arbeitsvertrag haben, den sie auch in Krisenzeiten erfüllen müssten. Nicolas Tsapos, der Leiter des Amtes für Jugend, Familie und Bildung, meint, dass die Kita-Teams die Zeit nutzen sollten, um Aufgaben aus dem sächsischen Bildungsplan wie Dokumentationen zu erledigen oder Spielzeug zu reparieren. Dafür fehle ihnen ansonsten die Zeit, was sie ja sonst immer beklagen würden. Hinzu kommt: Kitas und Schulen seien nur sehr gering ausgelastet – da gebe es genügend Rückzugsmöglichkeiten. „Wir wissen nicht, wie sich die Situation entwickelt und wie viele Kinder in den nächsten Tagen betreut werden müssen. Wir gehen aber davon aus, dass der Anteil steigt“, so Franko. Viele Eltern hätten die ersten Tage überbrückt. Ob das weiterhin funktioniert, sei schwer einzuschätzen. Streetwork und Kontrollen werden verstärkt: Die Stadt will gerüstet sein, um alle notwendigen Funktionen der Verwaltung aufrechtzuerhalten. Deshalb wird für sämtliche Mitarbeiter derzeit anhand ihrer Qualifikation geprüft, ob diese auch in anderen Bereichen als Unterstützung eingesetzt werden können. „Freizeittreffs sind geschlossen. Die dortigen Mitarbeiter nutze ich, um die Streetworker zu verstärken, die beispielsweise auf Jugendliche einwirken, keine Corona-Partys zu feiern“, nennt Tsapos ein Beispiel. Solche Einsätze sollen ausgeweitet werden, weil viele junge Leute sich unvernünftig verhalten. Warum könne nicht beispielsweise eine Erzieherin das Ordnungsamt unterstützen, wenn es die Einhaltung des Benutzungsverbotes auf Spielplätzen kontrolliert? Oder in betreuten Wohngruppen aushelfen, hieß es. Die Kernverwaltung, der Gesundheitsschutz, die Versorgung müssen weiterhin gewährleistet werden. „Dies kann nur erfolgen, wenn unser Personal entsprechend umgeplant wird“, so Personalamtsleiter Franko. Freie Träger bieten auch Notbetreuung an: „Wir sind ebenfalls gefordert, eine Notbetreuung anzubieten“, sagt Vicki Felthaus, die der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege in der Stadt Leipzig vorsteht. Ihr gehören 75 Freie Träger an, die etwa drei Viertel der vorhandenen Kita-Plätze in Leipzig betreiben. „Natürlich in sehr kleinen Gruppen. Es wird aber sehr wenig in Anspruch genommen. Überall dort, wo Kliniken und Krankenhäuser in der Nähe sind, sind etwas mehr Kinder da.“ Die Leute halten sich daran, dass derzeit nur Sprösslinge von Eltern, die beide in „systemrelevanten Berufsgruppen“ arbeiten, betreut werden können. Für viele Träger sei momentan unklar, ob sie für ihr Personal Kurzarbeitergeld beantragen müssten. Tsapos betonte aber auf LVZ-Anfrage, dass die Kommune eine Fortzahlung der Betriebskosten garantiert. Mehr zum Thema Corona-Krise im LVZ-Liveticker. Von Mathias Orbeck

Corona-Krise und die Folgen - Leipziger Erzieher auf Spielplatz-Streife? Stadt will Personal flexibel einsetzen