Corona: Leipzig impft wieder mit Astrazeneca - so verlief der Samstag am Impfzentrum

Wenn sich die Welt inmitten einer Pandemie befindet, ein Impfstoff zugelassen ist, dieser aber nicht verabreicht werden darf, ist das schmerzhaft. So geschehen mit dem Vakzin von Astrazeneca: Am Montag hatte Deutschland, wie viele andere europäische Länder auch, die Verabreichung gestoppt, nachdem vereinzelt Fälle von Thrombosen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten waren. In Sachsen gilt der Stillstand seit Samstag als beendet: Der Freistaat hat die Impfungen mit dem Vakzin des schwedisch-britischen Herstellers wieder aufgenommen. Lieber Nebenwirkungen, „als auf der Intensivstation zu vegetieren“: Auch im Leipziger Impfzentrum in der Neuen Messe wurden die Spritzen wieder aufgezogen. Bereits im Vorfeld häuften sich Fragen: Hat Astrazeneca überhaupt noch eine Chance nach all den Negativschlagzeilen? Nehmen die Menschen ihre Impftermine wahr? Fakt ist: Umfragen offenbaren einen Vertrauensverlust gegenüber dem Vakzin, auch wenn sich ein Großteil noch immer mit dem Mittel impfen lassen würde. Erzieherin Maria Barthel kommt gerade aus der Messehalle fünf – sie wurde zum ersten Mal mit Astrazeneca geimpft. „Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt“, konstatiert sie. Unwohlsein verspüre sie gar nicht, „die Impfung selbst habe ich nicht gemerkt“, berichtet die 30-Jährige. Zwar könne sie nachvollziehen, dass Menschen besorgt seien. „Wir müssen aber realistisch bleiben: Über die Lebensmittel nehmen wir so viele Schadstoffe zu uns, deren Bezeichnung wir noch nicht einmal kennen“, sagt sie. Eine Impfung halte sie vor dem Hintergrund für unbedenklich. Und was, wenn Nebenwirkungen auftreten sollten? „Dann fühle ich mich ein paar Tage lang lieber nicht so gut, als auf der Intensivstation zu vegetieren“, so die Erzieherin. DRK: Menschen sind gut informiert: Nicht nur Maria Barthel ist dem Mittel von Astrazeneca gegenüber positiv eingestellt, ihm wird ein hoher Stellenwert in der Pandemiebekämpfung zugerechnet. Die Dosen müssen nicht so stark gekühlt werden wie beispielsweise der Biontech-Impfstoff, das vereinfacht die Logistik. Ariane Mohr, Sprecherin des Deutschen Rote Kreuzes (DRK) in Leipzig, stellt fest: „Diejenigen, die kommen, sind sehr dankbar, dass sie mit Astrazeneca geimpft werden können. Die Menschen haben sich mit der Problematik auseinandergesetzt.“ Bis zur Mittagszeit sei etwa die Hälfte der erwarteten Impfwilligen eingetroffen. „Wir konnten bis dahin nicht feststellen, dass überdurchschnittlich viele Menschen zu Hause bleiben“, so Mohr. Gesundheitsamt: Impfstoff „einzige Möglichkeit“, um Virus zu stoppen: Auch das Gesundheitsamt ist erleichtert, dass wieder mit dem Vakzin gearbeitet werden kann: „Wir begrüßen es sehr, dass wieder geimpft wird“, sagt Dr. Ingrid Möller, stellvertretende Leiterin des Leipziger Gesundheitsamtes zur LVZ. „Wer geimpft ist, hat die Chance, nur leicht zu erkranken, ohne schweren Verlauf“, so Müller. Impfen sei „die einzige Möglichkeit“, das Virus zu stoppen und einen Weg aus dem Lockdown zu finden. Ein Ende des Lockdowns ist aktuell nicht absehbar, erneut wird über eine Verschärfung der Restriktionen debattiert. In dieser dritten Welle ist die 81-jährige Hannelore Beyer erleichtert, nun Sicherheit zu haben. Sie erhielt am Sonnabend ihre Zweitimpfung, beim ersten Termin habe der Vorgang eine Stunde gedauert. „Heute hat es einwandfrei geklappt“, berichtet sie, maximal eine halbe Stunde habe sie gebraucht. Ehepaar wird an Eingangstor weggeschickt: So reibungslos geht es nicht immer zu: Das Ehepaar Unger ist extra aus Delitzsch zum Ersttermin angereist, bekommen sollen sie den Biontech-Impfstoff. „Ich würde aber jeden Impfstoff nehmen“, sagt Ehemann Frank im Vorfeld. Nur ein paar Minuten später folgt die Ernüchterung: Eine Spritze gibt es heute gar nicht, schon am Eingang werden die beiden abgewiesen. „Sie haben uns gesagt, dass heute nur Zweitimpfungen mit Biontech stattfinden“, erzählt Frank Unger. Er finde das „chaotisch“, schließlich hätte er auch eine der Alternativen genommen. Das sei aber nicht möglich. DRK-Sprecherin Mohr erklärt gegenüber der LVZ, dass sachsenweit seit dem 17. März keine Erstimpfungen mit Biontech vorgenommen würden. Das Ehepaar habe dies wahrscheinlich nicht mitbekommen. Dabei ist das Ehepaar Unger nicht allein: Etwa 15 Minuten nach ihnen treten auch Bärbel und Manfred Lüttich die Heimreise an – ohne das Impfzentrum von innen gesehen zu haben. „Eine Ausweichimpfung mit Astrazeneca war nicht vorgesehen“, sagt Manfred Lüttich frustriert. Wenn sie einen neuen Termin haben, werden sie es ein weiteres Mal versuchen. „So verschwendet man den Samstag“, verabschiedet sich Bärbel Lüttich. Von Florian Reinke