In Leipzig gibt's Gesellenbriefe auf großer Autokino-Party des Handwerks

Leipzigs Handwerker wissen nicht nur, wie man ranklotzt, sondern auch feiert – selbst in Corona-Ausnahmezeiten. Weil Massen-Veranstaltungen in geschlossenen Räumen aufgrund der Pandemie noch nicht wieder möglich sind, hatte die Leipziger Handwerkskammer am Samstag ihre traditionelle Gesellenfreisprechungsfeier just ins Freie verlegt – als Autokino-Event. Ein „außergewöhnlicher Jahrgang“: Leuchtend hängt an diesem wunderbar lauen Sommerabend die Mondsichel im blauen Himmel, als die mehr als hundert Autos mit den 487 Lehrlingen und ihren Angehörigen an Bord, aufs Kleinmessegelände rollen. 40 Helfer verteilen an sie Verpflegungspakete und Getränke. Alex Langner, Resident-DJ des Leipziger Clubs L1, mixt live auf der Bühne am Pult. Durch die Lautsprecher der Autoradios zucken Electro-Pop-Klänge, unter anderem des unvergessenen Avicii („Wake me up“). Einstimmung auf einen unvergesslichen Abend. Es wäre unwürdig gewesen, so der Präsident der Leipziger Handwerkskammer, Claus, Gröhn, die Gesellenbriefe und Abschlusszeugnisse einfach anonym per Post zu versenden. Ein Drittel der Gesellen sind Frauen: Gröhn spricht von einem „außergewöhnlichen Jahrgang“, der trotz einiger coronabedingter Beschwerlichkeiten seine Ausbildung im Handwerk erfolgreich abschließen konnte. Die 487 Gesellen des „Corona-Jahrgangs“ repräsentieren 46 Berufe. Am stärksten vertreten sind diesmal Maler und Lackierer (47), Friseure (42), Fachverkäufer im Lebensmittelhandwerk (29), Schornsteinfeger (25), Tischler (26) und Gebäudereiniger (18). Ein Drittel der jungen Fachleute sind übrigens Frauen. Kretschmer: „Wir leben im besten Deutschland“: Die Jahrgangsbesten erhalten ihre Gesellenbriefe auf der Bühne. Zu allen anderen kommen Kammerchef Gröhn und mehrere geladene Gäste aus Wirtschaft und Politik, darunter Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU), zum Auto und übergeben die Zeugnisse dort. „Wir leben im besten Deutschland, das wir je hatten“, sagt Kretschmer – und „dass wir so stark und kräftig dastehen“ sei auch ein Verdienst des Handwerks. Währenddessen tanzen die Cheerleaderinnen der Dance Company Leipzig auf der Bühne eine mitreißende Show, die auch auf drei Mega-LED-Wänden zu sehen ist. Kretschmer schwärmt von der Feier in den höchsten Tönen. „Wir müssen lernen, was geht, was funktioniert“, so der Ministerpräsident – der ein Ziel vor Augen hat: „Wir wollen, dass im nächsten Jahren wieder große Kongresse, Tagungen und Messen stattfinden. Wenn wir es jetzt nicht probieren, auch Veranstaltungen in Stadien wieder zulassen, dann werden wir auch den nächsten Monaten nicht vorankommen. Wir gehen diesen Weg weiter. Wir haben als Sachsen unseren eigenen Kopf zum Denken. Wir werden das eine oder andere anders machen als andere Bundesländer, wenn es gut und richtig für uns in Sachsen ist.“ Dass vieles auch in Pandemiezeiten schon möglich ist – das hat diese ausgewöhnliche Gesellenfreisprechung der Handwerkskammer gezeigt, die mit einer Feuershow der Freaks on Fire und einem Höhenfeuerwerk voller Zuversicht zu Ende ging. Von Klaus Staeubert