Leipzig macht Einzelhandel nach Ostern wieder auf

In Leipzig öffnet nach Ostern der Einzelhandel wieder. Das teilte Stadtsprecher Matthias Hasberg am vergangenen Donnerstag auf Anfrage der Leipziger Volkszeitung mit und betonte, dass es sich dabei nicht um einen Aprilscherz handelt. Grundlage ist eine neue Allgemeinverfügung der Stadt, die am Nachmittag erlassen wurde. Erst am Mittwoch war das Click-and-Meet-Shopping ab Donnerstag kurzfristig gestrichen worden, da die Sieben-Tage-Inzidenz in Sachsen und der Messestadt mehrere Tage über der kritischen Marke von 100 Fällen pro 100.000 Einwohnern lag. Nun also die Rolle rückwärts: Ab Dienstag dürfen Läden sowie Museen und Galerien wieder öffnen. Voraussetzung ist aber ein tagesaktueller negativer Schnell- oder Selbsttest. Geschäfte sowie Ausstellungen müssen am Gründonnerstag und Karsamstag jedoch geschlossen bleiben. Erleichterungen gibt es für Individual- und Nachwuchssportler. Leipzig ändert Kurs wegen Klinikbetten-Auslastung: Die Stadt Leipzig ändert damit ihren Kurs in der Corona-Pandemie deutlich. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) war am Mittwoch nicht davon ausgegangen, dass es nach Ostern zu Öffnungen kommen kann, weil nach Angaben der Landesregierung schon kurz nach den Feiertagen mit der Auslastung von 1300 belegten Corona-Betten auf Normalstationen im Freistaat zu rechnen sei. Die seit Donnerstag geltende Corona-Schutzverordnung schließt in diesem Fall inzidenzunabhängige Lockerungen für die Landkreise und kreisfreien Städte aus. Am Donnerstag lag die Zahl der belegten Klinikbetten bei 1019 – ein leichter Rückgang zu den Tagen zuvor. Dass Leipzig eigentlich auf eine Öffnung der Läden verzichten wollte, sorgte unter anderem auf Seiten der Industrie- und Handelskammer Leipzig (IHK) für Kritik. Präsident Kristian Kirpal sagte am Mittwoch: „Durch den nun schon seit Monaten anhaltenden Lockdown kämpfen viele Händler ums Überleben. Für sie zählt buchstäblich jeder Tag.“ Und weiter: „Es ist uns daher absolut unverständlich, warum die Stadt Leipzig nicht jede rechtlich zulässige Möglichkeit ergreift, den örtlichen Einzelhandel in dieser für ihn so schwierigen Situation zu unterstützen.“ Lesen Sie auch So funktioniert die Corona-Testpflicht für Kunden Gunter Engelmann-Merkel, Geschäftsführer des Handelsverbands für die Region Westsachsen, zeigte sich erleichtert über die Entscheidung der Stadt: „Die letzten Tage waren für Leipzigs Händler ein Wechselbad der Gefühle. Gestern, als es hieß, dass alles schließt, waren wir voller Entsetzen. Wir haben dann kräftig herumtelefoniert. Und offenbar ist man zur Vernunft gekommen – wie es scheint in ganz Sachsen. Nun überwiegt die Freude.“ Stadt gibt Druck nach: Hasberg rechtfertigte den Strategiewechsel nun unter anderem damit, dass der Druck beim Aufrechterhalten der Schließungen sehr hoch gewesen wäre. Zudem gestand der Stadtsprecher Unklarheiten bei den Prognosen für die Corona-Betten: „Mit einer weiteren Auslastung ist zwar zu rechnen, jedoch hat das Sächsische Ministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt bisher keine offizielle Prognose vorgelegt“, heißt es in einer Mitteilung. Auch die Interpretation der neuen Schutzverordnung habe sich geändert: Mittwochnachmittag seien die Handelskammern zunächst informiert worden, dass die bis dahin geltenden Öffnungen bestehen bleiben können. Kurz darauf habe ein Gespräch mit dem Sozialministerium ergeben, dass doch vorerst geschlossen werden müsse. Handel, Museen und Anbieter körpernaher Dienstleistungen erfuhren am frühen Nachmittag von dem Schritt. Die Stadt hat laut Hausberg verhindern wollen, dass die Öffnungen nach wenigen Tagen zurückgenommen werden müssen. Nach einer juristischen Prüfung der neuen Corona-Schutzverordnung könne den betroffenen Geschäften und Dienstleistern vor einer Schließung nun aber zumindest eine fünftägige Frist garantiert werden. Leipzig folgt mit dem Vorgehen nun unter anderem den umliegenden Kreisen Nordsachsen und Leipzig sowie der Landeshauptstadt Dresden. Stadt kritisiert De-facto-„Osterruhe“: Kritik richtet der Stadtsprecher an die sächsische Landesregierung. Dass die Lockerungen erst ab dem 6. April inzidenzunabhängig möglich sind, zwinge die Landkreise und kreisfreien Städte zu der eigentlich von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einkassierten Osterruhe. Dagegen hätte wenig gesprochen, es aber quasi „durch die Hintertür“ in die Schutzverordnung einzuflechten und es dann nicht zu erklären, sei keine gute Lösung, so Hasberg. Von Anton Zirk