Leipziger Stadtkonzern wegen Auto-Beschaffung in der Kritik

Die Linke im Stadtrat wirft dem Stadtkonzern vor, den Klimaschutz zu unterlaufen. Grund: Jeder zweite bei Stadtwerken, Verkehrsbetrieben und Wasserwerken neu zugelassene Pkw ist noch immer ein Verbrenner. Dabei hatte der Stadtrat im Oktober 2019 mit seinem Beschluss zur Ausrufung des Klimanotstandes die Anschaffung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor auf Basis fossiler Energieträger in Stadtverwaltung und kommunalen Unternehmen mit sofortiger Wirkung verboten. Die Entscheidung über Ausnahmen obliegt seitdem dem Stadtrat. 86 neue Pkw und 65 neue Nutzfahrzeuge: Durch eine Anfrage der Linksfraktion wurde nun allerdings bekannt: 86 Pkw hat der Stadtkonzern seit dem 1. Januar 2020 – also nach dem Ratsbeschluss – neu angeschafft. 42 Pkw davon waren reine Verbrenner, dazu kamen 24 Elektro- und 20 Hybrid-Fahrzeuge. Noch geringer fiel die Elektroquote bei Nutzfahrzeugen aus. Von 65 im gleichen Zeitraum neu zugelassenen Fahrzeugen hatten nur elf einen Elektroantrieb, der Rest waren ausnahmslos Verbrenner. „Während der Stadtrat über jede Ausnahme vom Klimanotstand in den Eigenbetrieben, zum Beispiel der Stadtreinigung, öffentlich und transparent in der Ratsversammlung entscheidet“, kritisiert Michael Neuhaus, umweltpolitischer Sprecher der Linken im Stadtrat, „scheint der Wille zur Umsetzung in den Beteiligungsunternehmen ohne diese öffentliche Kontrolle eher auf dem Prinzip zu basieren: Was der Stadtrat nicht weiß, macht den Stadtrat nicht heiß.“ Konzern: Alternativen müssen wirtschaftlich sein: Ein Vorwurf, den Konzernsprecher Frank Viereckl zurückweist. „Die Leipziger Gruppe ist von der Gesellschafterin angewiesen, sofern es technologische Alternativen gibt und es wirtschaftlich ist, auf alternative umweltfreundlichere Antriebskonzepte umzustellen“, sagt er auf Anfrage der LVZ. Allerdings hätten Elektrofahrzeuge im vergangenen Jahr zum einen gar nicht in ausreichender Zahl zur Verfügung gestanden. Mit ihrer Kaufprämie hatte die Bundesregierung bekanntlich einen Ansturm auf die Stromer erzeugt. Die Folge: Die Lieferzeiten stiegen, teilweise mussten die Käufer bis zu einem Jahr warten, weil die Hersteller mit der Produktion nicht hinterher kamen. Zum anderen genügten viele Fahrzeuge den betrieblichen Anforderungen an Reichweiten noch nicht. Dass der E-Anteil gerade bei den Nutzfahrzeugen so mager ausfällt, liege nicht zuletzt an der noch nicht ausreichend zur Verfügung stehenden Ladeinfrastruktur. Gleichwohl, so Viereckl: „Die Bestellungen in den letzten Monaten für die Neu- und Ersatzbeschaffung von privatgenutzten Dienstfahrzeugen sind Elektro- beziehungsweise zumindest Hybridfahrzeuge.“ Lesen Sie auch So steht Leipzigs Oberbürgermeister Jung ein Jahr nach seiner Wiederwahl da Einen weiteren Grund für die bislang noch zaghafte Einführung von Elektroautos in den kommunalen Beteiligungsunternehmen führt schließlich Oberbürgermeister Burkhard Jung in seiner Antwort auf die Linken-Anfrage an. Darin schreibt der SPD-Politiker, der im Januar übrigens selbst erst auf Druck des Stadtrates seine Pläne für nicht rein elektrische Dienstwagen für die Verwaltungsspitze aufgeben musste, dass etwa bei Dienstfahrzeugen, die von Geschäftsführern auch privat genutzt werden dürfen, der Verzicht auf einen Wagen mit Verbrennungsmotor vertraglich geregelt werden müsse. Jung: „Eine Anpassung kann daher nur im beiderseitigen Einvernehmen erfolgen oder beim Neuabschluss von Anstellungsverträgen. Dies wird schrittweise erfolgen. Derzeit wird an einer diesbezüglichen Neuregelung gearbeitet.“ Eine Aussage, die bei Neuhaus nur Kopfschütteln auslöst. „Dass es in Arbeitsverträgen ein Recht auf einen Benziner oder einen Diesel gibt, wäre mir neu“, so der Linken-Politiker. Von Klaus Staeubert