Mit Kopierer, Schere und Stift – Komm-Haus zeigt ungewöhnliche Rosa-Luxemburg-Ausstellung im Leipziger Westen

Im Grunde ist die Ausstellung an sich bereits ein Kunstwerk, nämlich ein kalligraphisches und gestalterisches. Unter Verzicht auf jegliche moderne Technik hat der 79-jährige Fritz Hundt 14 große Wandtafeln über das Leben von Rosa Luxemburg erstellt. Doch auch inhaltlich ist die Schau zum 150. Geburtstag der Revolutionärin, die bis Ende April im Komm-Haus Grünau läuft, eine besondere. Schon der Titel „Dr. Rosa Luxemburg“ weist auf einen Fakt hin, der selten genannt wird, wenn von der Marxistin, Philosophin, Ökonomin, Antikriegsaktivistin und Sozialistin die Rede ist: Ihre Dissertation über „Die industrielle Entwicklung Polens“ erhielt das Prädikat „magna cum laude“ und wurde offiziell 1897 an der Universität Zürich vorgestellt, die ihr einen Doktor der Rechtswissenschaften verlieh. Luxemburg als Malerin: Hundt fächert die vielen Facetten Luxemburgs auf und beleuchtet auch ihr Privatleben. Zu sehen sind beispielsweise Kostproben ihrer Landschaftsmalerei, die sie selbst in zitierten Briefen kommentiert: „Ich habe auch das verrückte Gefühl, dass ich alles kann, aber es wird vorerst natürlich eine Pfuscherei“, schrieb sie an Clara Zetkins Sohn Kostja, mit dem sie zwischen 1907 und 1915 eine Liaison hatte. Auch ihr Beziehungsleben hat Hundt dokumentiert. Eine weitere Tafel beschäftigt sich mit ihrer Liebe zur Botanik, eine andere liefert Hintergründe zum berühmten Zitat „Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden“. In den Fokus hat Hundt auch Luxemburgs Zeit als Autorin für die Leipziger Volkszeitung gerückt. Von 1898 bis 1902 schrieb sie über 90 Artikel, trat aber nach Konflikten mit dem damaligen Chefredakteur Franz Mehring aus der Redaktion aus. Nachdem sich ihr Unmut gelegt hatte, setzte sie ihre Arbeit für die LVZ bis 1913 fort. Zwei Jahre hat Fritz Hundt ausschließlich in Veröffentlichungen jenseits des Internets recherchiert. „Je mehr ich über Rosa Luxemburg gelesen habe, desto mehr hat sie mich fasziniert“, sagt er. „Das war eine Wahnsinns-Frau mit einer ganzen Palette von Leben.“ Hundts Mittel für die Ausstellung: Kopierer, Schere, Stift und eine ruhige Hand. Auf jeder Tafel stehen Informationen in akkurater Schönschrift – ein archaischer, liebe- wie seelenvoller Kontrapunkt zur digitalen Perfektion. Seine letzte Ausstellung: Auch Komm-Haus-Chef Uwe Walther ist begeistert von der Arbeit: „Fritz ist einfach großartig!“. Zuletzt hatte Hundt unter anderem auf Schautafeln das Leben und Wirken von Malern dargestellt, die in Leipzig wirkten und auf dem Südfriedhof begraben sind. Zur Vernissage kündigte Hundt an: „Das war meine letzte Ausstellung.“ Doch wer den ehemaligen Lehrer und Grünauer mit Leib und Seele kennt, der weiß: Er wird sich ein neues Terrain erschließen. Denn der Mann, der das Sportmuseum Leipzig mit ermöglichte und zusammen mit seiner Frau Ingrid eine traumhafte grüne Oase mitten in die Grünauer Betonlandschaft gezaubert hat, ist viel zu umtriebig und neugierig, als dass er sich ausruhen könnte. Darauf angesprochen, lacht er. „Natürlich, es gibt immer wieder andere spannende Sachen.“ Ausstellung „Dr. Rosa Luxemburg“ im Komm-Haus, Selliner Straße 11 ist bis Ende April, geöffnet Montag bis Freitag 9 bis 16 Uhr oder nach Vereinbarung unter Telefon 0341 9419132; der Eintritt ist frei, um Berücksichtigung der Corona-Schutzmaßnahmen wird gebeten. Weitere Infos unter www.kommhaus.de. Von Mark Daniel