Oldtimer-Schau in Leipzig: „Dann streicheln Sie mal ruhig“

Wissen Sie, was eine Pagode ist? Ein markantes turmartiges Bauwerk in Asien? Für Oldtimer-Freunde ist eine Pagode ein Mercedes-Sportwagen der Typen 230 SL, 250 SL oder 280 SL. Diese Zweisitzer wurden von 1963 bis 1971 in Stuttgart gebaut und werden wegen ihrer geschwungenen C-Säule von Autofahrern liebevoll Pagode genannt. Denn die Form seines Hardtops mit der nach innen zeigenden Wölbung erinnert an die geschwungenen Dächer von fernöstlichen Tempelbauten. Der Wahl-Leipziger Kay Tangermann will jetzt in Leipzig einen Pagode-Club ins Leben rufen. Zwischen 60 000 und 120 000 Euro wert: Der Hanseat hat diesen Oldtimer mitgebracht, als er vor vier Jahren aus Hamburg zu seinem Sohn nach Leipzig übersiedelte. „Ich habe meine Pagode 1979 für 20 000 D-Mark gekauft, heute ist sie 80 000 Euro wert“, erzählt er. Nur noch 4400 dieser Autos sind weltweit unterwegs. Gebaut wurden einst 49 000 Stück. Trotzdem war der Ruheständler überrascht, dass es in Leipzig noch keinen Pagode-Club gibt, in dem er sich mit anderen Freunden des selten gewordenen Sportwagens zu gemeinsamen Ausfahrten treffen und sich über die Entwicklungen in der Szene austauschen kann. „In Deutschland gibt es zwölf solcher Clubs“, berichtet er. Die mitgliederstärksten natürlich in Großstädten. „In Hamburg hat der Pagode-Club 110 Mitglieder“, so Tangermann. „In Stuttgart gibt es einen mit 400 Mitgliedern.“ Die Fahrzeuge würden zunehmend als Anlageobjekte gesehen. Denn Pagoden werden aktuell zwischen 60 000 und 120 000 Euro gehandelt. Weil es in Leipzig keinen Club gibt, will Tangermann jetzt einen ins Leben rufen. „Bei den gemeinsamen Ausfahrten geht es meist 100 bis 150 Kilometer ins Umland“, schwärmt der 65-Jährige. „Das könnte von Leipzig aus noch viel interessanter werden als in Hamburg. Denn hier hat das Umland mit seinen vielen Schlössern und historischen Orten viel mehr zu bieten.“ „Man spürt die Geschwindigkeit“: Pagoden-Fahrer genießen es, mit ihren Oldtimern durch die Landschaft zu kurven. „Man gleitet nicht wie in einem neuen Auto dahin, sondern hat dieses mechanische Fahrgefühl“, erzählt der Senior. „Man spürt die Geschwindigkeit und den Fahrtwind.“ Immer wieder treffe er auf Menschen, die das Besondere an diesen Autos entdecken. „Die Leute winken uns zu und wer eine Pagode etwas näher in Augenschein nimmt, ist begeistert“, berichtet er. „In Hamburg kam einmal ein junger Mann auf mich zu und fragte: ,Darf ich mal Ihr Auto streichen?‘ Ich hatte nichts dagegen und antwortete: ,Dann streicheln sie mal ruhig.‘“ Tangermann weiß inzwischen, dass er in Leipzig nicht der einzige Pagode-Fan ist. „Ich schätze, es gibt mindestens 20 in der Stadt“, sagt er. „Ich kann mir gut vorstellen, dass man mit ihnen einen Club gründen kann.“ Präsentation vor dem Reichsgericht: Um für diese Idee zu werben, hat der Neu-Leipziger für das kommende Wochenende den Berliner Pagoden-Club nach Leipzig eingeladen. 25 Pagoden-Besitzer haben die Einladung angenommen und werden nach einer Stadtführung mit ihren Oldtimern in einer Reihe zum Schloss Rochlitz fahren. Und am Sonntag stehen die Fahrzeuge gegen 14.30 Uhr auf dem Simsonplatz vor dem Bundesverwaltungsgericht. „Etwa die Hälfte der angemeldeten Pagoden ist aus Berlin, die anderen aus Leipzig“, so Tangermann. Von Andreas Tappert