Rückkehr in die Schulen: Keine leichte Entscheidung für Eltern

Es ist die sechste Woche Homeschooling seit Beginn des Lockdowns in Sachsen. Keine Frage: Das schafft nicht nur Kinder, die ohne Kontakt zur Klasse jeden Tag aufs Neue den eigenen Schweinehund besiegen müssen. Es bringt auch Eltern an Grenzen, die Hilfestellung leisten, aber parallel im Job am Ball bleiben müssen. Manchmal geht es nur mit viel Mühe, fair und konzentriert zu bleiben. Ich spreche aus Erfahrung. Dennoch ist die Aussicht, dass ab Montag im Freistaat neben Kitas auch alle Grundschulen wieder öffnen, keine echte Erleichterung. Es ist auch eine Bürde für alle Eltern, die nun entscheiden müssen: „Sicherheit geht vor“ oder „Lassen wir es drauf ankommen“? Sachsens Kultusminister Christian Piwarz (CDU) schlägt wieder einmal einen riskanten Weg ein. Anstatt wie viele Amtskolleginnen und -kollegen noch etwas zu warten – welche Rolle beispielsweise die Mutationen spielen werden oder ob sich die extremen Infektionswerte in Tschechien auch bei uns durchschlagen – lässt er nun sächsische Schülerinnen und Schüler in Klassenstärke in die Einrichtungen zurückrufen. Ja es stimmt, Gruppen sollen strikt getrennt werden, allerdings sind diese eben auch bis zu 27 Kinder groß. Aufteilung in kleinere Einheiten, Wechselmodelle mit Präsenz- und Homeunterricht – in Sachsen ist das für Grundschulen kein Thema. Hier wird stattdessen wieder alles auf eine Karte gesetzt. Warum geht der Freistaat dabei seinen eigenen Weg? Warum verkündet der Kultusminister dies schon einen Tag vor der Konferenz der Länder, die darüber eigentlich entscheiden wollten? Ich kann nur mutmaßen. Verstehen kann ich zumindest Lehrerinnen und Lehrer sehr gut, die am Montag mit Angst vor die vollen Klassen treten. Grundschulen haben bekanntlich im Winter häufig mit Grippewellen und Co. zu kämpfen, warum soll Corona eine Ausnahme sein? Auch die in Dresden oft zitierte Behauptung, Kinder seien keine Treiber der Pandemie, ist leider Quatsch. Jeder kann das sein: Skiurlauber, Karnevalisten, auch Corona-Demonstranten. Und wie inzwischen mehrere Studien zeigen: Kinder sind natürlich auch Überträger von Viren, je älter sie werden, umso mehr. Es ist schwer, diese Gefahren Kindern zu erklären, die auf das Wiedersehen mit Freundinnen und Freunden brennen. Am Montag werden Zehntausende von ihnen wieder einander begegnen. Sachsens Kultusminister stellt es Eltern frei, ob ihre Kinder auch dabei sein sollen oder ob doch noch ein paar Tage mit Abstand eine mögliche Infektion in der Familie verhindern könnten. Was gut gemeint sein mag, ist auch ein Abgeben der Verantwortung. Wir haben bis Montagmorgen Zeit, uns zu entscheiden. Es wird ein diskussionsreiches Wochenende. Von Matthias Puppe