Streik bei den LVB: Das kommt am Dienstag auf Leipzig zu

„Die Kollegen sind heiß auf den Arbeitskampf“, sagt Paul Pjanow von Verdi. Die Gewerkschaft ruft für Dienstag zu einem neunstündigen Warnstreik im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Sachsen auf. Auch die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) sind davon betroffen. Von 3 bis 12 Uhr sollen am 29. September alle Fahrer die Arbeit niederlegen, um im bundesweiten Tarifstreit Druck auf die Arbeitgeber zu machen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen. Was kommt am Dienstag auf Leipzig zu? „Wir rechnen damit, dass bis zum Mittag in Leipzig keine Straßenbahn und kein Bus fährt“, sagt Pjanow, Verdi-Gewerkschaftssekretär für den Bereich Verkehr im Raum Leipzig. Alle Fahrer der LVB, der Busgesellschaft LeoBus und der Leipziger Stadtverkehrsbetriebe (LSVB) seien mit Beginn der Frühschicht zum Streik aufgerufen – insgesamt knapp 1000 Angestellte. Alle 47 Bus- und 13 Straßenbahnlinien wären dann betroffen, wie schon beim letzten Streik im April 2018. Damals blieben die Fahrzeuge bis 14 Uhr in den Depots. Fahren Straßenbahnen und Busse am Nachmittag wieder? Ja, aber wohl nicht pünktlich. „Auch am Nachmittag werden die Auswirkungen noch zu spüren sein“, glaubt Pjanow. Da sich die Fahrzeuge zum Schichtwechsel nicht an ihren „Ablösepunkten“ befinden, sei mit weiteren Einschränkungen zu rechnen. Die Nightliner in der Nacht zum Dienstag sollen ihre Touren noch zu Ende fahren, bevor der Streik beginnt, betonte Verdi auf Nachfrage. Sind auch die S-Bahn und der Zugverkehr betroffen? Nein, die S-Bahnen sind ebenso wie der Fernverkehr der Deutschen Bahn vom Streik ausgenommen – hier ist nicht Verdi zuständig, sondern zu großen Teilen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Gestreikt wird aber auch in anderen sächsischen Städten. So sind auch die Dresdner Verkehrsbetriebe (DVB), die Chemnitzer Verkehrs AG (CVAG), die Städtischen Verkehrsbetriebe Zwickau (SVZ) und die Plauener Straßenbahn GmbH (PSB) vom Ausstand betroffen. Wie reagieren die LVB? Eine Art „Notfall-Fahrplan“ gebe es nicht, sagt LVB-Sprecher Marc Backhaus. Aufgrund der Ungewissheit, wie viele Fahrer sich tatsächlich am Streik beteiligen, sei das nicht möglich. „Wir empfehlen unseren Kunden, sich am Dienstag zu informieren, welche Bahnen fahren und gegebenenfalls Alternativen in Betracht zu ziehen.“ Nach Ende des Streiks soll der Fahrplan so schnell wie möglich wieder aufgenommen werden. Auch bei den LVB rechnet man aber damit, dass es mindestens bis zum Nachmittag zu Verspätungen und Ausfällen kommen kann. Welche Alternativen gibt es am Dienstag, um ans Ziel zu kommen? Neben der S-Bahn dürften auch Carsharing- und Mietwagenanbieter, Fahrdienstleister und Radverleiher einen Ansturm erfahren. Auch die Nachfrage nach Taxis wird sicher deutlich steigen. „Wir haben den Warnstreik bewusst frühzeitig angekündigt. So können sich die Menschen Alternativen suchen, um zu wichtigen Terminen zu kommen“, so Pjanow. Worum geht es bei dem Streik? Die Gewerkschaft Verdi fordert für die bundesweit 87.000 Beschäftigten im ÖPNV einheitliche Regelungen in allen Bundesländern. Bislang weigern sich die Arbeitgeber aber zur Aufnahme von Tarifverhandlungen. Unter anderem will die Gewerkschaft 30 Tage Urlaub und ein 13. Monatsgehalt als Sonderzahlung für alle ÖPNV-Mitarbeiter. In Sachsen wird zudem eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit von aktuell 39 auf 38 Stunden gefordert. „Dass sich die Arbeitgeber nicht mit uns an einen Tisch setzen, ist für die Kollegen bei allem, was sie in der Corona-Zeit geleistet haben, ein Schlag ins Gesicht“, kritisiert der Leipziger Gewerkschafter. Der Streik im ÖPNV findet übrigens unabhängig von den aktuellen Arbeitskampfmaßnahmen im öffentlichen Dienst statt. Wird es in Leipzig eine zentrale Kundgebung geben? Nein, aufgrund der Corona-Pandemie verzichtet Verdi auf eine große Protestveranstaltung. Kleinere Aktionen soll es aber an den Betriebshöfen geben. „Die Kollegen werden dort begrüßt und dann nach Hause geschickt“, kündigt Pjanow an. Wie geht es bei den Tarifverhandlungen weiter? Noch gibt es keinen Termin für Verhandlungen – zum Ärger der Gewerkschaft. „Die Arbeitgeber haben mit ihrer Verweigerungshaltung den Streik provoziert“, heißt es bei Verdi. Dass die Fahrgasteinbrüche durch die Corona-Krise bei den Verkehrsunternehmen wie den LVB zu Umsatzeinbrüchen im zweistelligen Millionenbereich geführt haben, will Verdi nicht als Entschuldigung gelten lassen. Einsparungen dürften nicht zu Lasten der Beschäftigten gehen, heißt es. „Wir hoffen, dass die Arbeitgeber sich mit uns an einen Tisch setzen. Wir sind für Gespräche offen“, betont Pjanow. Falls sich die Arbeitgeber weigern, seien weitere Streiks nicht ausgeschlossen. Von Robert Nößler und Matthias Puppe