Streik bei den LVB: Das sagen die Leipziger

Es war ein ungewöhnlicher Anblick: Um kurz vor acht Uhr waren die LVB-Haltestellen am Leipziger Hauptbahnhof geisterhaft leer. Normalerweise herrscht hier um diese Uhrzeit reger Betrieb. Aus- und umsteigende Fahrgäste vermischen sich mit im Minutentakt ankommenden Straßenbahnen und Bussen. Doch am Streiktag stand hier wie in der gesamten City alles still. Aber die Leipzigerinnen und Leipziger waren insgesamt gut auf die neun Stunden ohne öffentlichen Nahverkehr vorbereitet und hatten sich frühzeitig Ausweichmöglichkeiten organisiert. Eine davon war die S-Bahn. Denn der Regionalverkehr und die S-Bahnen der Deutsche Bahn waren von dem bundesweit organisierten Warnstreik nicht betroffen. An der Station am Hauptbahnhof waren am Morgen viele Menschen unterwegs. Laut einer Bahnmitarbeiterin ist die hohe Auslastung im Berufsverkehr zwar nicht ungewöhnlich, aber am Streiktag lockte die S-Bahn zusätzliche Fahrgäste. „Ich kann verstehen, dass gestreikt wird“: Etwa die 30-jährige Julia. Normalerweise fahre sie mit der Straßenbahn zur Arbeit, erzählt sie. „Ich habe gestern Abend zufällig vom Streik erfahren und fahre deshalb heute S-Bahn – die war schon ziemlich voll“, sagt sie. Auch Claudia fährt für gewöhnlich von Taucha mit der Straßenbahn in die City. Heute ist auch sie mit der S-Bahn unterwegs. „Natürlich ist das blöd für die Fahrgäste, aber ich kann verstehen, dass gestreikt wird“, so die 46-Jährige. Das ist nicht nur Leipzig, sondern bundesweit der Fall. Auch in der sächsischen Landeshauptstadt steht der Nahverkehr still. Der 32-jährige Alexander ist von dort nach Leipzig gependelt. „Ich wollte eigentlich schon in Dresden in die Straßenbahn steigen. Stattdessen habe ich jetzt meinen E-Roller genommen“, so der junge Mann, der jetzt vom Hauptbahnhof bis zu seiner Arbeitsstelle im Barfußgässchen fährt. Schlangen am Taxistand: Eine weitere Alternative zu Bus und Tram ist an diesem Streiktag das Taxi. Am Stand vor dem Hauptbahnhof standen bereits gegen 6.30 Uhr einige Fahrgäste Schlange. Unter ihnen Sabine, die von Dresden nach Leipzig pendelt und am Hauptbahnhof normalerweise in die Linie zehn oder elf wechselt, um nach Connewitz zu kommen. „Heute nehme ich halt das Taxi“, sagt die 57-jährige, während sie in das gerade angekommene Auto springt. Die Nachfrage ist hier am Stand groß. „Ich habe versucht ein Taxi vorzustellen, aber in der Zentrale hat man mir gesagt, dass der Ansturm zu groß ist und ich es vor Ort probieren soll“, berichtet Enrico, der ebenfalls wartet. Der 46-Jährige arbeitet bei DHL am Schkeuditzer Kreuz und ist nach seiner Schicht auf dem Heimweg nach Lindenau – heute ausnahmsweise mit dem Taxi. Die Leipziger wussten Bescheid: Die Leipziger Taxifahrer haben an diesem Dienstagvormittag eine Fahrt nach der anderen. Obwohl der stillstehende Nahverkehr natürlich gut fürs Geschäft ist, kann Fahrer Jens (58) den Streik nicht gutheißen. Er empfindet ihn als unangemessen für die Fahrgäste. Die meisten Leute in Leipzig seien aber vorab über den ÖPNV-Streik informiert gewesen. „Ich fahre viele Leute von außerhalb, die am Bahnhof ankommen und dann überrascht sind, dass hier alles stillsteht“, so der Taxifahrer. Im Laufe des Morgens sei der Verkehr auf Leipzigs Straßen dichter geworden, weiß er zu berichten. Liveticker zum Nachlesen – So war der Streik im Leipziger Nahverkehr Zusammenfassung zum Streik: Eskalation bleibt trotz Streikbrechern aus Das sagen die Leipziger zum Streik bei den LVB Das sagt der LVB-Chef zum Streik im Leipziger Nahverkehr Das sagt der Verdi-Sekretär zum Streik im Leipziger Nahverkehr Besonders auf den Einfallstraßen nach Leipzig ist tatsächlich einiges los. Ein großes Verkehrschaos ist allerdings ausgeblieben. Damit ist der Streiktag ohne größere Zwischenfälle über die Bühne gegangen. Vereinzelt waren am Hauptbahnhof zwar auch verwirrt von ihrem Handy auf die schwarzen Anzeigetafeln blickende Menschen zu sehen, aber sie blieben die Ausnahme. Die meisten Leipzigerinnen und Leipziger schienen gut auf den Streiktag vorbereitet gewesen zu sein. Von Lilly Günthner