Trotz aktueller Corona-Zahlen: 50.000 Schüler in Sachsen sollen zurück in die Schulen

Trotz weiterhin hoher Infektionszahlen will Sachsen am Montag seine Bildungseinrichtungen teilweise wieder öffnen. 50.800 Jugendliche in den Abschlussklassen von Gymnasien, Oberschulen und beruflichen Gymnasien sollen jeweils in Gruppen am Präsenzunterricht teilnehmen. Das ruft Kritik hervor. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) lehnt diesen Schritt ab. „Ich halte die teilweisen Schulöffnungen in der Tat für verfrüht“, sagte er am Sonntag der LVZ. „Ich werde und will mich nicht an täglich 1000 Tote in Zusammenhang mit Corona gewöhnen“, so Jung, der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist. „Deshalb halte ich einen harten Lockdown jetzt für geboten. Jetzt runterfahren, in Schule, Kita, ÖPNV – auch in der Wirtschaft, wo irgend möglich“. GEW-Chefin: „In anderen Ländern blieben die Schulen weiter zu“: Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in Sachsen spricht sich gegen die Teilöffnung der Schulen aus. „Laut Corona-Verordnung darf man sich nur noch mit einer haushaltsfremden Person treffen: Aber in der Schule soll das nicht gelten“, empört sich Sachsens GEW-Chefin Uschi Kruse. Ihr sei völlig fremd, warum Sachsen in der Frage einen Sonderweg einschlägt. „In anderen Bundesländern bleiben die Schulen weiter zu, und dort gibt es nicht die hohen Infektionszahlen wie in Sachsen. Das kann doch keiner verstehen – weder Schüler noch Lehrer“, sagt sie der LVZ. Froh sei sie, dass auch der Sächsische Lehrerverband „endlich aufgewacht“ sei und sich gegen die Öffnung der Schulen ausspreche. „Wenn der Vorsitzender Jens Weichelt die Rückkehr der Abschlussklassen in den Präsenzunterricht mit Sorge sieht, dann ist das ein längst überfälliger Schritt“, so Kruse. Tatsächlich gebe es in der Lehrerschaft eine geteiltes Echo in der Frage. „Während die einen um ihre Gesundheit fürchten, sind die anderen froh über die Möglichkeit, die Schüler auf anstehende Prüfungen vorzubereiten.“ Kanzlerin Merkel berät am Dienstag mit den Ministerpräsidenten: Kruse geht davon aus, dass Sachsen am Dienstag „zurückrudert“, denn dann werde die Bundesregierung die Corona-Maßnahmen verschärfen. Mit Blick auf die Eindämmung des Coronavirus trifft sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit den Ministerpräsidenten, um das weitere Vorgehen in der Corona-Krise abzustimmen. Hintergrund sind weiter hohe Infektions- und Todeszahlen und die Sorge vor einer neuen, wohl ansteckenderen Virus-Variante. Gegen die Schulöffnung begehren auch Schüler und Schülerinnen der Abschlussjahrgänge auf. Auf der Plattform Change.org haben sie die Petition „Schulstreik“ gestartet, die bereits von 2000 Nutzern unterzeichnet worden ist. Darin fordern sie Sachsens Regierung auf, „die Entscheidung zur vorschnellen Wiederaufnahme des Präsenzunterrichtes zurückzunehmen“. „Warum wurden keine Langzeitstrategien für die Bildung entwickelt?“: „Wie könnt ihr uns in dieser dynamischen und höchst brisanten Phase der Pandemie in die Schulen schicken?“, heißt es bei Change.org, einer Kampagnenplattform, die nach Angaben der Initiatoren in Deutschland von mehr als sieben Millionen Menschen genutzt wird. Die Entscheidung aus Dresden stünde im direkten Widerspruch zu Aussagen von Virologen. Im Sommer wäre ein guter Zeitpunkt gewesen, Langzeitstrategien für Bildung zu entwickeln und in den Schutz der Schüler zu investieren, heißt es auf der Plattform weiter. „Diese Chance wurde vertan und nach dem Wunschdenken von möglichem Regelunterricht agiert. Lüften, Hände desinfizieren, Zwiebellook, Kniebeuge und Klatschen waren die einzigen Konzepte. Die Ergebnisse des Nichthandelns liegen jetzt vor.“ Aus dem Kultusministerium heißt es, dass ab Montag mit strengen Abstandsregeln und in Kleingruppen unterrichtet wird. Es gehe dabei in erster Linie um die Vorbereitung der Abschlussprüfungen. Zudem werde im Vorfeld des Unterrichts allen Lehrern und Schülern ein freiwilliger Antigen-Schnelltest angeboten. Von Andreas Dunte