Warnstreik bei der LVB: Das sagen die Leipziger

Am Mittwoch sind die Straßenbahnen am Leipziger Bahnhof noch in ordentlicher Regelmäßigkeit unterwegs. Das hier Donnerstag gestreikt wird und fast den ganzen Tag keine Bahnen fahren werden, ist kaum ersichtlich. Einzig auf den kleinen Abfahrtsanzeigen läuft eine Warnstreik-Ankündigung. Für manche Leipziger kommt die Information über den Ausstand der LVB-Mitarbeiter daher überraschend. Sie müssen sich nun Alternativen überlegen – und haben zusätzlichen Stress. Wie die Leipzigerin Eva K.: Lässt es das Wetter zu, fahren sie und ihre Kinder mit dem Fahrrad zu Arbeit und Schule. „Aber Donnerstag soll es sehr schlecht werden. Da möchte ich das eigentlich vermeiden und wollte die Bahn nehmen“, erklärt die 39-Jährige. Sie wird entweder aufs Taxi ausweichen oder ein Auto mieten. Doch, auch wenn der Alltag am Donnerstag nicht wie immer laufen wird, zeigt sie Verständnis für die Streikenden. „Viele andere Möglichkeiten, die Forderungen wirklich durchzusetzen, haben sie ja nicht.“ Auch Timo Merlés Tag wird sich zum Warnstreik anders gestalten als sonst. Den Streikenden wünscht er, dass sie Erfolg haben. Für ihn bedeutet der Streik bei der LVB jedoch mehr Arbeit. Der 36-Jährige ist bei einem Fahrservice angestellt, dort wird zum Streiktag mit deutlich mehr Kunden gerechnet. „Bei uns hat der Chef heute schon die Leute gefragt, die Donnerstag frei haben, ob sie trotzdem kommen können“, erzählt er. Merlé hofft, dass sich bis zum späten Abend alles wieder beruhigt, dann ist seine Schicht vorbei. „Beide Parteien werden ihre Gründe haben“: Gustav Hofmann ist meistens sowieso mit dem Fahrrad unterwegs. Das die Busse und Bahnen am Donnerstag im Depot bleiben, betrifft ihn weniger. „Aber ja, es ist natürlich trotzdem eine blöde Sache für alle. Es werden am Donnerstag so einige Menschen nicht zur Arbeit kommen oder mit Problemen rechnen müssen“, sagt er. Verständnis für den Warnstreik hat er. Er betont jedoch, dass man die Seite der Arbeitgeber nicht aus der Acht lassen sollte. „Beide Parteien werden ihre Punkte haben. Auch die Verkehrsbetriebe werden ihre Gründe haben, warum sie den Forderungen nicht so nachkommen wollen oder können.“ „Ich bin der Meinung, dass der Zeitpunkt des Streikes absolut schlecht gewählt ist“, erklärt Ingeborg Geschejter. „Sie sehen ja, hier sind kaum Menschen. So macht das keinen Eindruck auf die Entscheidungen.“ Geschejter glaubt, dass für die Arbeitgeberseite noch nicht genügend Gäste betroffen sind, um den Forderungen der Gewerkschaft nachzugeben. Die 72-Jährige möchte aber nicht entscheiden, ob der Streik gerechtfertigt ist. „Wir Fahrgäste wissen auch ganz vieles nicht. Wir wissen ja zum Beispiel nicht, was genau die Mitarbeiter verdienen.“ Streik ist okay – wenn er nicht zur Gewohnheit wird: „Ja, es trifft halt wieder uns“, sagt Felix Zorn. „Ich fahre täglich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule und Arbeit. Im Grunde ist der Streik ja das Recht der Arbeiter, aber wenn das jetzt regelmäßig vorkommt, wird es schwierig und anstrengend.“ Er sieht den Sinn im Warnstreik als Mittel für die Arbeitnehmer, weiß aber, dass es für die einzelnen Fahrgäste immer wieder kompliziert wird, wenn die Bahnen nicht fahren. Der 22-Jährige wird aufs Fahrrad umsteigen. So lange es nicht allzu kalt ist, sagt er, wird das schon mal gehen. Zweimal die Woche muss auch Martin Kobe mit den Fahrzeugen der LVB fahren. Er muss zur Arbeit nach Paunsdorf. „Das mit dem Streik ist schon krass. Es haben ja nicht alle die Möglichkeit Homeoffice zu machen.“ Er selber muss sich heute mit seinem Vorgesetzten besprechen. Weil Kobe auch im öffentlichen Dienst ist, weiß er, dass es für die Gewerkschaften nach gescheiterten Gesprächen wenig Alternativen zum Warnstreik gibt: „Das ist das härteste Mittel.“ „Ich stehe hinter den Streikenden“: Für Charlotte Schwesig ist die Sache klar. Die 24-Jährige Leipzigerin fährt regelmäßig mit der Bahn, Donnerstag müsste sie damit eigentlich zur Arbeit. „Ich fahre allerdings sehr spät. Vielleicht geht es dann wieder.“ Die junge Frau zeigt Verständnis für die Interessen der LVB-Mitarbeiter. Auch wenn es für alle nervig wird, sagt sie. „Ich stehe voll und ganz hinter den Streikenden.“ Randolf Rothes Verständnis für die Arbeitsniederlegung der LVB-Mitarbeiter hält sich in Grenzen. „Ich verstehe das ja teilweise. Sicherlich haben es da auch nicht alle leicht, aber ich komme morgen nicht zur Arbeit. Das bedeutet für mich, dass ich kein Geld verdiene.“ Für den 50-Jährigen bleibt der Warnstreik damit wohl die schlimmste Lösung. Die Mitarbeiter tragen viel Verantwortung: „Wer regelmäßig die Fahrpreise erhöht, soll auch seine Mitarbeiter ordentlich bezahlen“, sagt Ronny Kleitzmann. Am Donnerstag muss er nicht mit der Straßenbahn fahren. Weil sein Bus ausfällt, wird es auf die S-Bahn umsteigen. Für ihn macht das keine Umstände. Den Warnstreik unterstützt der 35-Jährige. Er ist selbst in einer Gewerkschaft Mitglied. „Wer täglich so viele Menschen durch die Stadt bringt und Verantwortung trägt, hat ein gutes Gehalt verdient“, fordert er. Von Vanessa Gregor