Winter 2021 in Sachsen: „Der Schnee wird uns noch eine Weile begleiten“

Wie geht es weiter mit dem Winter 2021 in Sachsen? Diplom-Meteorologe Robert Scholz (40), Leiter der Außenstelle Leipzig-Holzhausen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), weiß Bescheid. „Grundsätzlich ist die Schnee-Chance am Ende eines Winters größer als an seinem Beginn.“ Von wem stammt dieser Satz? Wahrscheinlich von einem Wetterfrosch (lacht). Richtig, Sie selbst sprachen ihn im Dezember 2020 gelassen aus. Im LVZ-Interview ging es damals um des Sachsen Lieblingsthema „Weiße Weihnacht“. In der Zwischenzeit hatten wir Schnee im Januar. Und nun, Anfang Februar, wähnt sich so mancher in und um Leipzig im tiefsten Sibirien. Geben Sie’s zu, Sie wussten Ende vorigen Jahres schon, was da auf uns zukommt! Schön wär’s. Wie viele andere hatte ich gehofft, dass es mal wieder richtig Winter wird. Aber die Erfahrungen der vergangenen, oft milden Winter machen einen skeptisch. Die Hoffnung stirbt halt zum Schluss. Aber nun ist er ja da, der Winter im Winter. Wie geht es mit Tief „Tristan“ weiter? „Tristan“ ist noch am Leben und wird sich nach vorübergehender Abschwächung nochmals verstärken. Aber zum Glück weit genug von uns entfernt – nämlich über Osteuropa. Allerdings wird uns „Tristan“ noch ein paar Schauer schicken, die weiteren Schnee bringen können. Dann fallen aber nur noch wenige Zentimeter. Diese Niederschläge sind kein Vergleich zur Lage am letzten Wochenende und am Montag. Ab Freitag wird sich Hoch „Gisela“ aus Norwegen zu uns ausbreiten, sodass die Sonne häufiger zum Vorschein kommt. Was bleibt, ist der strenge Frost. Im Raum Leipzig wird es nachts weiterhin verbreitet unter minus 15 Grad kalt sein. Im Erzgebirge und Vogtland dürfte das Thermometer sogar bis auf minus 25 Grad fallen. Wie lange werden Schnee und Eis das sächsische Tiefland noch bedecken? Über der vorhandenen Schneedecke setzt sich eingeflossene Kaltluft fest. Die Wettermodelle zeigen bis Mitte nächster Woche durchgehend Frost. Dazu wird sich eine sogenannte Omega-Lage einstellen; mit der Folge, dass die Zufuhr milder Luftmassen vom Atlantik blockiert ist. Damit der Schnee richtig taut, brauchen wir eine durchgreifende Westlage. Die mittelfristigen Prognosetrends zeigen eine deutliche negative Temperaturabweichung im Vergleich zu den letzten 20 Jahren – und zwar bis in den März hinein. Auch wenn er etwas zusammensackt und ein kleiner Teil sublimiert wird, sich also von fest zu gasförmig wandelt: Der Schnee wird uns noch eine Weile begleiten. Wozu kann Schnee in dieser Phase des Winters gut sein? Aus meteorologischer Sicht bedeckt er den nackten Erdboden und verhindert Kahlfröste. Über Schnee kühlt sich die Luft schneller ab. Und er reflektiert die Sonne stärker als der Erdboden. Daher erwärmt sich die Oberfläche kaum. Ansonsten sieht die Landschaft mit Schnee einfach wunderbar aus! Aber auch die Gefahren sind nicht zu verachten. Von der üblichen Glätte einmal abgesehen können sich in den nächsten Tagen gefährliche Eiszapfen an den Dächern bilden. Außerdem droht die Gefahr von Dachlawinen. Ich rate daher allen, immer mal einen Blick nach oben zu riskieren. Wie viel Schnee ist denn eigentlich runtergekommen? Es mag viele erstaunen, aber der letzte klassische Winter 2010 hat mehr Schnee gebracht. Hier bei uns in Leipzig-Holzhausen sind es gegenwärtig 30 Zentimeter, in Markranstädt-Großlehna 31 Zentimeter, in Taucha 28 Zentimeter, in Eilenburg 33 Zentimeter. In den Mittelgebirgen liegt aktuell mehr als doppelt so viel: Auf der Schmücke haben wir 65 Zentimeter und in Zinnwald 75 Zentimeter gemessen. Es gibt Klimaforscher, die entdecken im Winter 2021 Belege für den Klimawandel. Was entdecken Sie in ihm? Weder den Klimawandel noch sein Gegenteil. Wir haben es mit einem extremen Schnee-Event zu tun, wie es alle Jahre wieder in größeren Abständen vorkommt. Welche Beziehung haben Sie eigentlich zur weißen Pracht? Schnee in Maßen statt in Massen finde ich prima. Mich verbindet eine gewisse Hassliebe mit ihm, wobei die Liebe eindeutig größer ist. Skifahren, rodeln, durch den Winterwald wandern – das mag ich. Weiß ist halt viel besser als grau; vor allem dann, wenn die Sonne scheint. Aber Schnee als Autofahrer, Fahrradfahrer oder Grundstücksbesitzer, der ständig räumen muss? Kein Kommentar! Von Dominic Welters