Winter in Leipzig: Sind Busse und Bahnen nicht ausreichend gewappnet?

Weil die Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) unerwartet starke Probleme beim aktuellen Wintereinbruch haben, werden Zweifel daran laut, ob der Straßenbahn- und Busverkehr tatsächlich optimal aufgestellt ist. Insbesondere die Strategie bei Kälte und Schnee wird kritisch hinterfragt, ebenfalls die Störanfälligkeit der neuen modernen Bahnen ( die LVZ berichtete ). Hier die wichtigsten Fragen zu diesem Themen – und die Antworten von Marc Backhaus, Sprecher der LVB. Was ist für die LVB das größere Problem: der Schnee oder die Kälte? Marc Backhaus: Wir haben eine außergewöhnliche Witterungssituation: 40 Zentimeter Neuschnee mit Windböen und Schneeverwehungen, Böen und nun die extreme Kälte. Das ist nicht nur in Leipzig so, sondern im gesamten Gebiet von Braunschweig, Hannover über Magdeburg und Halle. Überall wurde der Betrieb eingestellt und auch die Kolleginnen und Kollegen kämpfen heute weiter. Was machen Schnee und Kälte mit den LVB? Aktuell ist beides eine größere Herausforderung. Die Massen von den Strecken und aus den Haltestellenbereichen zu bekommen, ist eine riesige Aufgabe. Wir wissen häufig nicht, wohin mit dem Schnee. Die Kälte macht ihn noch fester und schwerer. Und sie ist für unsere gesamte Infrastruktur ein riesiges Problem. Der Schnee blockiert zum Beispiel Weichenanlagen an den Stellen, wo Autoverkehr ihn hineindrückt. Er wird dort zu Eis verpresst und blockiert die Anlagen. Außerdem kommt es vor, dass Türen vereisen und repariert werden müssen. Unsere Werkstatt hat viel zu tun. Sind die LVB durch die vielen milden Winter auch etwas sorglos geworden? Wir haben seit dem letzten strengen Winter 2010/11 aktualisierte Winterpläne, Winterstufen und Gegenmaßnahmen, die fest definiert sind. Im Oktober haben wir eine Woche der Winterbereitschaft, in der die Vorbereitungen beendet sein müssen und alle Gerätschaften überprüft werden – wie zum Beispiel unsere zwei Schneepflüge. Aber natürlich fehlt durch ausbleibende Wintersituationen die Erfahrung im Umgang mit schwerer Technik. Fakt ist: Unser Unternehmen war gut vorbereitet, wir haben schweres Gerät und setzen es ein. Auch der Zusammenhalt in dieser Stadt ist wirklich großartig, vor allem innerhalb der LVB-Mannschaft. Und das zählt in so einer Situation besonders. Dafür aber auch ganz klar ein herzliches Dankeschön. Vielleicht sind Ihre Einsatzpläne für einen so harten Winter wie den aktuellen unzureichend?: Die Einsatzpläne passen, auch die Bereitschaft der Mitarbeiter, sich einzusetzen. Ansonsten würden wir heute nicht fast das gesamte Netz bedienen. Es sind einfach die schiere Masse des Schnees und die tiefen Kältegrade, die uns Probleme bereiten. Und die Kombination von beidem. Ist Ihre moderne Technik anfälliger? Alle Fahrzeugtypen hatten Probleme mit dem vielen Schnee. Natürlich sammelt sich unter Niederflurfahrzeugen durch die geringere Bodentiefe einfacher der Schnee. Dieser sammelt sich unter den Bahnen, wird dort zu Eis verpresst und blockiert die Fahrzeuge. Nach dem Beräumen sind jedoch alle Typen im Einsatz und fahren zuverlässig, auch im Sinne unserer Kunden. Für diese und deren Erwartungen beschaffen wir niederflurige Fahrzeuge, um einen bequemen Einstieg zu ermöglichen. Wären Sie mit anderer Technik besser aufgestellt? Nein. Die Anforderungen an Fahrzeuge werden durch unsere Kunden gestellt. Darauf richten wir uns technisch in der Beschaffung aus. Wie fahren Ihre Linien aktuell? In der Nacht zu Mittwoch sind wir ein gutes Stück vorangekommen. Es konnten weitere Bahnstrecken beräumt und in Betrieb genommen werden. Jetzt steht ein Basis-Netz, das die Erreichbarkeit fast aller Quartiere ermöglicht. Noch offene Abschnitte werden in den nächsten Tagen beräumt und das Netz damit weiter enger gestrickt. Und wann gilt wieder der Fahrplan? Wir tun, was wir können, um einen zuverlässigen und sicheren Betrieb anzubieten. Mit Blick auf die Wetterprognose müssen wir aber davon ausgehen, dass auf Grund des anhaltenden Winters mit Schnee und starkem Frost die Situation bis Mitte nächster Woche angespannt bleiben wird. Gleichzeitig rechnen wir damit, dass es in den nächsten Tagen weitere Behinderungen durch liegengebliebene Autos oder durch die Straßensituation außerhalb des Hauptverkehrsnetzes geben wird. Und nach Schnee und Kälte wird uns das Tauwasser beschäftigen – vielleicht wird es nachts wieder gefrieren und dann spiegelglatt werden. Das wird den Verkehr insgesamt noch einmal auf eine Probe stellen. In Dresden und Chemnitz lief der Nahverkehr besser als in Leipzig - was wird dort anders gemacht? Diese Städte lagen nicht in der Schneezelle. Dort hat es einfach nicht so viel geschneit. Von Andreas Tappert