Winterchaos in Leipzig: Warum dreht sich bei den LVB kein Rad?

Land unter bei den Leipziger Verkehrsbetrieben (LVB) – ausgiebige Schneefälle haben den öffentlichen Nahverkehr im Stadtgebiet am Sonntag weitgehend zum Erliegen gebracht. „Gegen 5 Uhr sind noch die ersten Busse rausgefahren, mussten aber schnell wieder umdrehen“, berichtete Unternehmenssprecher Marc Backhaus. Wegen bis zu einem Meter hohen Verwehungen auf den Straßen sei entschieden worden, die 300 Busse an diesem Tag nicht einzusetzen. „Wir können nicht riskieren, dass ein Bus wegrutscht und dadurch Insassen zu Schaden kommen“, erklärte er. Bei den Straßenbahnen sah es zunächst kaum besser aus. Die Linien 7, 11 und 15 fuhren seit dem Morgen im „Notbetrieb“ – also nur ab und zu. Alle anderen Tram-Strecken fielen ganz aus. Grund seien mit Schnee verstopfte Weichen gewesen. „Probleme gibt es vor allem an großen Kreuzungen wie vor dem Felsenkeller – wo Gleise und Autoverkehr nicht getrennt sind. Dort schieben uns die Autos den Schnee in die zahlreichen Weichen hinein.“ Weniger dramatisch als im Jahr 2010: Zwar habe es im Stadtgebiet doch nicht den befürchteten Eisregen gegeben, so Backhaus. Die Situation sei weniger dramatisch gewesen als beim letzten plötzlichen Wintereinbruch 2010. „Damals waren durch Blitzeis die Weichen festgefroren.“ Dennoch hätten die bis zu 100 Meter lange Verwehungen – so zum Beispiel am Adler in Großzschocher und auf der Linie 16 in Richtung Messe – einen normalen Straßenbahnverkehr unmöglich gemacht. „In Halle und Magdeburg wurde der ÖPNV komplett eingestellt.“ Unter anderem mit Pflügen vor Tatra-Straßenbahnen versuchten die LVB ab 7 Uhr morgens, wenigstens die drei Notstrecken freizuhalten. Gegen Mittag war die Kreuzung am Felsenkeller geräumt, sodass die Linie 1 wieder fahren konnte. Gegen 17 Uhr erhielt noch die Linie 3 ihr grünes Licht zurück. Weichen freilegen: „Eine Sisyphosarbeit“: Etliche Mitarbeiter machten sich mit Schaufeln und Stangen an den Weichen zu schaffen. „Das ist eine Sisyphosarbeit. Meist gibt es ein paar Minuten später dort schon wieder neue Schneeverwehungen und Blockaden.“ In der Folge blieb ein halbes Dutzend Trams unterwegs liegen. Die Wagen mussten etwa an der Russischen Kirche und in der Stallbaumstraße mühevoll abtransportiert werden, um Defekte an der Elektronik zu reparieren. Sogar beheizte Weichen gingen im Schneematsch kaputt, was auch am Montag zu Behinderungen führen wird. Der Winterdienst der Leipziger Stadtreinigung hatte am Samstagabend gegen 22.30 Uhr seinen Einsatz begonnen, so Sprecherin Susanne Zohl. „Wir sind mit 27 Großgeräten, vier kleinen Pflügen und vier Transportern unterwegs.“ Zudem würden 13 Mitarbeiter an Problemstellen von Hand schippen und Kolleginnen und Kollegen vom Grünflächenamt die Hauptwege in den Parks streuen und beräumen. Bürger sollen bitte kein Salz streuen: „Da es kein Blitzeis gibt, wird bei uns zum Streuen nur Feuchtsalz in einer geringen Dosierung eingesetzt. Die Bürger sollen bitte darauf achten, auf den Fußwegen aus Umweltschutzgründen kein Salz zu verwenden, sondern nur die dafür erlaubten Mittel wie Sand, Kies und spezielle Winterstreumittel.“ Dass Busse und Trams nicht fahren konnten, weil der Leipziger Winterdienst die 10 bis 20 Zentimeter Neuschnee auf den Straßen nicht bewältigt hätte, wollte Zohl so nicht stehen lassen. „Es liegt einfach an den außergewöhnlichen Schneeverhältnissen mit massiven Windböen“, sagte sie. Die Verkehrsbetriebe verwiesen auf die amtlichen Unwetterwarnungen für Leipzig. Demnach waren die Bürger am Sonntag aufgerufen, möglichst zu Hause zu bleiben. Für die Nacht zum Montag seien erneut zehn Zentimeter Neuschnee, vor allem auch weitere Verwehungen angekündigt worden, so Backhaus. „Um die Gleise freizuhalten, werden die ganze Nacht zehn Fahrzeuge unterwegs sein.“ Wie viele Linien bei Straßenbahnen und Bussen am Montag im Berufsverkehr zum Einsatz kommen, das entscheide das Unternehmen abhängig von der Witterung am Montag gegen 4 Uhr. „Es wird auf jeden Fall Einschränkungen geben. Wir versuchen, sie so gering wie möglich zu halten.“ Von Jens Rometsch