Zoo Leipzig: Voi Nam mausert sich vom Liebling zum Chefbullen

Der Leipziger Zoo hatte den gewaltigen Umbau der Elefantenherde schon lange angekündigt – jetzt schlägt der Zoo ein neues Kapitel auf: Erklärtes Ziel sei es, eine neue Herde mit funktionierendem Sozialgefüge aufzubauen, um die Nachzucht der stark vom Aussterben bedrohten Tiere zu sichern, sagte Zoodirektor Jörg Junhold. Seit Ende September kommt Bewegung in den Elefantentempel Ganesha Mandir, um schon bald die Dickhäuterzucht an der Pleiße voranzutreiben. Die Kühe Hoa und Trinh sowie der Bulle Naing Thein haben die Messestadt verlassen, da Voi Nam als alleiniger Chefbulle die neue Herde anführen wird. Die neuen Bewohner aus dem Berliner Tierpark, die Asiatische Elefantenkuh Kewa mit ihre Töchter Pantha und Thuza, Sohn Edgar und „Freundin“ Astra, fühlen sich augenscheinlich sehr wohl. Das Quintett erkundet gemeinsam die Außenanlage, testet das Badebecken und die Schlammsuhlen. 2002: Minifant mit Knickschwanz: Die Geburt von Voi Nam am frühen Morgen des 5. April 2002 war die erste Elefantengeburt nach 66 Jahren im Leipziger Zoo. Der damalige Cheftierarzt Klaus Eulenberger erinnert sich an nervenaufreibende Stunden am 635. Trächtigkeitstag von Mutter Trinh und das rasante Ankommen des heute so prominenten Elefantenbullen, den er beinahe verpasst hätte: „Am 4. April, gegen 23 Uhr, kontrollierte ich noch einmal das sogenannte Präkolostrum, das nach unseren Informationen erst unmittelbar vor der Geburt zur reifen Milch wird. Trinh erwies sich dabei als nicht kitzelig, und die Flüssigkeit hatte noch keinen wirklichen Milchcharakter. Ich meinte deshalb zu den Pflegern: ’Na, das wird diese Nacht noch nichts, ich gehe jetzt nach Hause’. Zum Glück war dieses nur zehn Minuten vom Zoo entfernt. Ich hatte gerade die Nachttischlampe ausgeknipst, da kam der Anruf aus dem Elefantenhaus: ’Es geht los!’ Ich hatte mich also getäuscht oder täuschen lassen.“ Nach schmerzhaften Nachgeburtswehen und damit verbundenen Attacken gegen Voi Nam entwickelte sich Trinh, die wie Vater Mekong aus Vietnam kam, zu einer treusorgenden Mutter des kleinen Lieblings. Als Leipziger Original sorgt der Bulle seitdem für viele bunte Zoogeschichten – auch dank seines markanten Knickschwanzes. Ganz Leipzig hat an seinem Schicksal Anteil genommen, seine Entwicklung verfolgt und ihm jedes Jahr zum Geburtstag gratuliert. Viele erinnern sich noch heute an seine Geburt, die vor 18 Jahren sogar im Fernsehen ausgestrahlt wurde. 2010: Abschied von Leipzig: Als Halbwüchsiger zog der Asiatische Elefant in den Heidelberger Zoo, um mit anderen Bullen eine WG aufzubauen. Er avancierte am Neckar nicht nur zur Führungskraft der ersten Jungbullen-Herde Deutschlands, sondern wurde auch in Baden-Württemberg als Publikumsliebling gefeiert. 2015: Rückkehr in die Heimat: Nach fünf Jahren in der Fremde kehrte der damals fast vier Tonnen schwere Elefant in die Messestadt zurück, um nun selbst für Nachwuchs zu sorgen. „Mit 13 Jahren ist er jetzt in einem Alter, in dem er an seine künftige Aufgabe als Zuchtbulle herangeführt werden kann", sagte Seniorkurator Gerd Nötzold damals. 2018: Echter Voi Nam an der Wand: Einen echten Voi Nam-Fußabdruck konnten Freunde des gigantischen Dickhäuters vor zwei Jahren für einen guten Zweck erwerben. Anlässlich des Welt-Elefanten-Tages 2018 wurde erstmalig ein originaler Fußabdruck des Superbullen auf Leinwand zugunsten des ASERC, dem Austrian Sri Lankan Elephant Research and Conservation Project, versteigert. Am Ende kamen 755 Euro zusammen. 2020: Vaterfreuden: Mit 17 Jahren ist Voi Nam am 11. Januar 2020 kurz nach Mitternacht das erste Mal Vater geworden – seine Gefährtin Rani brachte am 638. Tag ein Kälbchen zur Welt, das später den Namen Kiran bekam. Zukünftiger Chef der neuen Herde: Als zukünftiger Chef der neunköpfigen Herde soll Voi Nam als Zuchttier für mehr Elefantennachwuchs sorgen. Der erste Rüsselkontakt zwischen der Ex-Berliner Leitkuh Kewa und Voi Nam, dem Anführer der Leipziger Gruppe mit Rani, Sohn Kiran und Tante Don Chung, verlief harmonisch und interessiert. Geburtsdatum: 05. April 2002 Geburtsort: Leipzig Größe: 2,93 Meter Gewicht: 4410 Kilogramm Verwandtschaft: Vater von Kiran Äußere Merkmale: Knickschwanz, mit knapp drei Metern größtes Mitglied der Herde und Stoßzahnträger Leibspeise: Brot „Voi Nam ist für die Herdenzusammenführung und die Ruhe unter den Tieren zuständig, Streitigkeiten unter den Elefantenkühen zu schlichten und den Jungbullen, seinem eigenen Sohn Kiran und dem vierjährigen Ex-Berliner Edgar, das nötige Sozialverhalten beizubringen“, erläutert Bereichsleiter Thomas Günther. Von Regina Katzer