Ist der Mörder von Rocco J. noch auf der Flucht oder ist er möglicherweise gar nicht mehr am Leben? Die Ermittler in Leipzig gehen derzeit von mehreren Varianten aus. „Täter reagieren unterschiedlich, es ist alles denkbar“, sagte Jana Friedrich, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Hermann Haase werde nach wie vor mit internationalem Haftbefehl gesucht.
Inzwischen sind weitere Details über ein mögliches Motiv für die Bluttat bekannt geworden. Offenbar wollte der Österreicher den Pferdehof in Knauthain übernehmen. Laut Kronenzeitung war eine Freundin des mutmaßlichen Mörders an einem Erbschaftsstreit um die Anlage beteiligt, unterlag aber vor Gericht. Und noch etwas berichtet das Blatt: In dem bei der Staatsanwaltschaft abgegebenen Kuvert hätten sich die Autoschlüssel zum in Vöcklabruck zugelassenen Audi A 8 und Gerichtsakten zu dem Erbschaftsverfahren befunden. Staatsanwältin Friedrich wollte das nicht kommentieren. Zum möglichen Motiv sagte sie: „Wir werden dazu weder etwas bestätigen noch dementieren.“
Haase stammt aus dem oberösterreichischen Dorf Buchkirchen. Dort leben nach LVZ-Informationen noch sein Vater, seine geschiedene Frau und sein Sohn auf einem Bauernhof. Der 50-Jährige selbst hat zuletzt aber in Nussdorf am Attersee, rund eine Autostunde von Buchkirchen entfernt, gewohnt. Sein Großvater war dort einst Gemeindearzt und hatte seiner Familie ein Haus hinterlassen. Darin wohnte der gesuchte Haase bis zuletzt im Erdgeschoss. Nachbarn aus dem gut 1000-Seelen-Dorf beschreiben ihn als unauffällig.
Geschäftlich hatte der 50-Jährige zuletzt wenig Glück. Ein Handel mit Landmaschinen lief nur wenig. „Ich habe die GmbH vor zwei Jahren übernommen“, sagte Walter Gegenleitner. Haase sei danach operativ nicht mehr tätig gewesen. Gegenleitner kennt seinen Geschäftspartner seit 20 Jahren. Die Bluttat von Knauthain sei für ihn „unerklärlich“.
Auch im Umfeld des Opfers Rocco J. herrscht Entsetzen und Ratlosigkeit. Von einem Erbschaftsstreit oder anderen privaten Schwierigkeiten konnten weder Freunde noch Insider aus dem Umfeld des Gestüts etwas berichten. „Um die Buchhaltung und das Finanzielle hat sich ohnehin seine Frau gekümmert“, so ein enger Bekannter.
Am Montag unternahm die Tatortgruppe des Landeskriminalamtes auf dem Gelände des Gestüts Messungen mit einem speziellen 3D-Scanner. Damit kann der Mord auch zu einem späteren Zeitpunkt detailliert rekonstruiert werden. Weshalb der Hightech-Einsatz nötig war, obwohl der Tatablauf als geklärt gilt, wollten die Behörden nicht kommentieren.
Die Polizei in Leipzig sucht seit Sonntag per Öffentlichkeitsfahndung nach Hermann Haase. Er befindet sich seit der Tat am vergangenen Donnerstag auf der Flucht.
Von Matthias Roth/Frank Döring