Kaputtes Schloss und Kirschlikör: Wie ein Leipziger seinen Trabi wiederfand

Sein Auto ist älter als er selbst: In dem Jahr, als Philip Hoffmanns Kleinwagen vom Fließband rollte, gewann Jens Weißflog die Vierschanzentournee, wurde Konstantin Tschernenko KPdSU-Generalsekretär, erklomm Alphaville die Chartspitze. Umso schockierter war der 33-jährige Leipziger, als sein Trabant 601 L, Baujahr 1984 und von unschätzbarem ideellen Wert, im Stadtteil Stötteritz gestohlen wurde. Doch jetzt fanden Anwohner den rund 2500 Euro teuren Oldtimer wieder – etwa sieben Kilometer vom Tatort entfernt. Jährlich 500 gestohlene Autos: „Ich war natürlich erschüttert, als ich realisierte, dass das Auto verschwunden war“, sagt der Drucker gegenüber der LVZ. Am Freitagnachmittag voriger Woche hatte er seinen beigefarbenen „Plastebomber“, wie der Trabi in DDR-Zeiten zuweilen genannt wurde, in der Breslauer Straße abgestellt. „Als ich am Montagfrüh damit fahren wollte, war er weg“, so Hoffmann. „Sofort habe ich die Polizei gerufen.“ Die Beamten nahmen Ermittlungen wegen besonders schweren Diebstahls auf. Doch bei jährlich rund 500 geklauten Autos allein in der Stadt Leipzig stehen die Chancen auf Aufklärung nicht gerade gut. Mit „Rennpappe“ zum Einkauf: Doch Philip Hoffmann wollte nichts unversucht lassen. Immerhin war der Trabi ein Geschenk seiner Kumpels zu seinem 31. Geburtstag. „Sie haben zusammengelegt und das Auto für mich gekauft“, erzählt er. „Bis dahin bin ich nur Moped gefahren, da dachten sie, es wäre an der Zeit, dass ich ein Auto bekomme.“ Und der Hobbyschrauber nutzt die „Rennpappe“ tatsächlich nicht nur als Schönwetter-Fahrzeug. Der Trabant ist sein Begleiter im Alltag, wie er das vor mehr als 30 Jahren auch für unzählige DDR-Familien war. „Ich fahre damit einkaufen, manchmal auch zur Arbeit“, so Hoffmann, „ganz normal.“ Täter knackten Fahrertür: Um seinen Trabi wiederzubekommen, veröffentlichte er diverse Postings in den sozialen Medien, gab seine Telefonnummer weiter in der Hoffnung, dass jemand den inzwischen selten gewordenen Zweitakter aus dem VEB Sachsenring Automobilwerke Zwickau gesehen hat. Und tatsächlich: Am Mittwochvormittag entdeckte ein Anwohner das gestohlene Fahrzeug in der Balzacstraße in Zentrum-Nord. Er schickte Hoffmann Fotos des Autos, kurz darauf auch den genauen Standort. Streifenbeamte bestätigten es schließlich: Der verschwundene Klassiker war wieder aufgetaucht. Nachdem Kriminaltechniker an Fundort Spuren gesichert hatten, konnte Hoffmann mit seinem Kleinwagen davon knattern. So ganz ist das Glück allerdings noch nicht wieder perfekt, denn die Diebe hinterließen einige Schäden. „Sie haben das Heckklappenschloss zerstört und aus dem Kofferraum eine Werkzeugkiste gestohlen“, so Hoffmann. Außerdem bohrten sie ein kleines Loch in die Fahrertür und umgingen ganz gezielt den Türmechanismus. „Das wirkte sehr professionell“, staunt sogar Hobby-Mechaniker Hoffmann. Rein äußerlich sei der Trabi zum Glück unversehrt. Suche nach Originalteil: Gleichwohl muss der DDR-Flitzer nun erstmal in der Werkstatt bleiben. „Ich kann alles am Trabi reparieren, mich fasziniert die Einfachheit der Technik“, so Hoffmann. „Aber es wird immer schwieriger, Originalteile zu besorgen.“ Mitunter sei etwas über Ebay zu finden, bisweilen auch auf Teile-Märkten. „Vor allem muss man sammeln und hamstern“, weiß der junge Leipziger. Ein neues Schloss für die Heckklappe hat er allerdings nicht vorrätig. „Und wie man das Bohrloch in der Tür repariert, weiß ich auch noch nicht“, räumt Hoffmann ein. Immerhin wurde sein Trabi nicht gestohlen, damit er als Ersatzteilspender ausgeschlachtet wird. Auch wenn die polizeilichen Ermittlungen dazu noch andauern: Manches deutet darauf hin, dass die Diebe einfach nur eine nächtliche Spritztour im Sinn hatten. Im Inneren des geklauten Pkw ließen sie drei leere Flaschen Kirschlikör zurück. Und sie hatten zwischendurch sogar getankt. Von Frank Döring

Happy End nach Autodiebstahl - Kaputtes Schloss und Kirschlikör: Wie ein Leipziger seinen Trabi wiederfand