Messerattacke auf zweifache Mutter: „Du kommst in den Himmel, ich in die Hölle“

Der Mann, der in einem Leipziger Einfamilienhaus beinahe ein tödliches Blutbad angerichtet hätte, wirkt an diesem frühen Dienstagmorgen im Leipziger Landgericht freundlich und aufgeschlossen. Bereitwillig beantwortet Kevin H. (37) die Fragen der Strafkammer zu seiner Person. Geboren in Wittenberg, von Beruf Sachverständiger, verlobt. Ansonsten aber schweigt er, wird sich nach Angaben seines Verteidigers Marten Keil erst an einem der nächsten Verhandlungstage zu den Tatvorwürfen äußern. Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft ereignete sich die Bluttat am 6. Mai dieses Jahres in einem Einfamilienhaus im beschaulichen Leipziger Ortsteil Burghausen-Rückmarsdorf. Gegen 5.30 Uhr soll Kevin H. aufgestanden und – offenbar im Wahn – plötzlich mit einem Küchenmesser auf seine Lebensgefährtin losgegangen sein. Mit der 16 Zentimeter langen Klinge habe er mehrfach in Richtung der Brust der Frau gestochen, so Staatsanwältin Jenny Mosbacher, „um sie zu töten“. Gesagt hat er laut Anklage zu ihr nur einen Satz: „Du kommst jetzt in den Himmel, ich komme sowieso in die Hölle.“ Mit Söhnen ins Schlafzimmer geflüchtet: Nach Aktenlage konnte die Frau den Angriff abwehren, bei dem Gerangel fiel dann das Messer zu Boden. Diesen Moment nutzte sie, um ins Schlafzimmer des Hauses zu fliehen und sich dort mit den beiden gemeinsamen Söhnen (1, 4) einzuschließen. Bei der Messerattacke erlitt sie unter anderem Schnitte in der Brust und an den Händen. Im Krankenhaus musste sie notärztlich versorgt werden. Auch der Täter, dem die Staatsanwaltschaft versuchten Totschlag und gefährliche Körperverletzung zur Last legt, wurde nach dem Übergriff in einem Krankenhaus untergebracht – einer Einrichtung, die auf psychische Erkrankungen spezialisiert ist. Denn Kevin H. leidet an akuter Schizophrenie und gilt daher als schuldunfähig. Im Prozess vor der 1. Strafkammer des Landgerichts geht es in einem sogenannten Sicherungsverfahren deshalb nicht um die Höhe einer Strafe. Weiterhin für Allgemeinheit gefährlich? In erster Linie hat das Gericht zu entscheiden, ob der Mann auf unbestimmte Zeit in der Psychiatrie, im Maßregelvollzug, unterzubringen ist. Das Strafgesetzbuch sieht dies bei einem Straftäter vor, wenn „von ihm infolge seines Zustandes erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind und er deshalb für die Allgemeinheit gefährlich ist“. Die Staatsanwaltschaft bejaht dies, so Anklagevertreterin Mosbacher zum Prozessauftakt. Für die Verhandlung sind noch drei weitere Sitzungstermine bis Mitte November geplant. Dabei sollte auch die beinahe getötete Lebensgefährtin von Kevin H. vor Gericht aussagen. Wie ihre Anwältin Henrike Wittner jedoch erklärte, macht sie von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Nach Angaben des Gerichts ist die Frau jetzt mit Kevin H. verlobt. Von Frank Döring