Streit um Zwangsehe: 19-jährige Irakerin in Leipzig von Familie terrorisiert?

Eine 19-Jährige sollte ihren Cousin im Irak heiraten. Das hatten die Familien so vereinbart. Weil sich das Mädchen dieser Zwangsheirat widersetzte, soll sie von ihrem Vater und ihrem jüngeren Bruder über Wochen und Monate hinweg terrorisiert worden sein. Am Dienstag begann am Leipziger Amtsgericht der Prozess gegen Kadri D. (40) und Dijan I. (18). Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Männern unter anderem gefährliche Körperverletzung vor. Laut Anklage ereigneten sich die Übergriffe zwischen April und Juni vergangenen Jahres in der Wohnung der Familie in der Georg-Schumann-Straße. Demnach soll das Mädchen etwa mit einem Besenstiel verprügelt und mit einem Teppichmesser angegriffen worden sein. Der Druck auf die Jugendliche war so groß, dass ihr auch mit dem Tode gedroht worden sein soll, wenn sie sich nicht der erzwungenen Ehe fügen würde. In einigen Fällen war es offenbar nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass die 19-Jährige nicht noch schwerer verletzt wurde. Bewährung für Geständnis: Zum Prozessauftakt am Amtsgericht kam es allerdings noch nicht zur Verlesung der Anklageschrift. Denn wie sich überraschend herausstellte, benötigen beide Angeklagte einen Dolmetscher für einen ganz bestimmten kurdischen Dialekt, was bisher nicht bekannt war. Ein solcher Experte stand jedoch kurzfristig nicht zur Verfügung. Daher fand zunächst ein Rechtsgespräch zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung statt. Wie Amtsrichterin Christine Ludewig danach mitteilte, werde vorgeschlagen, dass beiden Angeklagten eine Bewährungsstrafe zugesichert wird, wenn sie ein Geständnis ablegen. Denn vor allem gehe es darum, dem Opfer der Übergriffe eine Aussage in der Hauptverhandlung zu ersparen. Wie es hieß, habe die Irakerin große Angst vor dem Verfahren und befinde sich aufgrund der Ereignisse in einem psychisch schlechten Zustand. Opfer bliebe Prozess erspart: Sofern beide Angeklagte die ihnen vorgeworfenen Taten einräumen würden, so das Gericht, könnte aufgrund dieser Aussagen ein Urteil ergehen – ohne das die 19-Jährige überhaupt als Zeugin vorgeladen werden müsste. Bis zum nächsten Verhandlungstag sollen sich die Staatsanwaltschaft, vor allem aber die beiden Verteidiger Henrike Wittner und Malte Heise mit ihren Mandanten zu diesem Vorschlag des Gerichts äußern. Von Frank Döring