Vergewaltigung im Conne Island: Bewährungsstrafe für Bandmitglied

„Vor fünf Jahren wäre eine solche Tat nicht strafbar gewesen“, sagte Amtsrichterin Ute Fritsch am Ende des Prozesses. Der Mann, der am 28. Dezember vorigen Jahres während eines Konzerts im linken Szeneclub Conne Island eine 18-Jährige im Backstage-Bereich vergewaltigt haben soll, wäre wohl freigesprochen worden. Doch nach den massenhaften sexuellen Übergriffen in der Silvesternacht 2015 in Köln war das Sexualstrafrecht verschärft worden. Seither ist der erkennbare Wille des Opfers ausschlaggebend und nicht allein die Frage, ob der Täter Gewalt ausgeübt hat. Auf dieser Grundlage sprach das Leipziger Amtsgericht am Donnerstag den Angeklagten Sven-Peter P. (45) schuldig und verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten, ausgesetzt zur Bewährung. Außerdem muss der Hamburger 100 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Gewalt sei dem Angeklagten nicht anzulasten, stellte Fritsch am letzten Verhandlungstag fest. Aber er habe den Zustand des erheblich alkoholisierten Opfers für sich ausgenutzt. Wie berichtet, war es damals kurz nach Mitternacht während eines Konzerts des Hamburger Performance-Kollektivs HGich.T in dem Klub an der Koburger Straße in Connewitz zu dem Übergriff gekommen. Nach Erkenntnissen des Gerichts hatte die 18-jährige Leonie (Name des Opfers geändert) seit etwa 20 Uhr massiv Alkohol getrunken, festgestellt wurden etwa zwei Promille. Sie habe laut Fritsch signalisiert, dass sie auf die Bühne und dort auch geküsst werden wollte – was offenbar zur gängigen Show gehörte. Bandmitglied Sven-Peter P., der gleichermaßen angetrunken war, so die Richterin, „hatte den Eindruck, sie steht auf ihn“. Hinter einem Vorhang sei es einvernehmlich zu weiteren intensiven Küssen gekommen, das sagten sowohl Angeklagter als auch Opfer vor Gericht aus. Strafbar sei hingegen der von Sven-Peter P. initiierte Geschlechtsverkehr gewesen, so das Gericht. Die Abiturientin habe signalisiert, dass sie dies nicht wollte. Ihr wehrloser Zustand sei offensichtlich gewesen. Nach der Tat war Sven-Peter P. in Untersuchungshaft gekommen. Im Zuge des Urteils wurde der Haftbefehl gegen den nicht vorbestraften Mann aufgehoben. Von Frank Döring