Zugfahrt nicht zumutbar: Prozess gegen Sextäter in Leipzig geplatzt

Dem mutmaßlichen Sexualstraftäter ist offenbar eine Zugfahrt nicht zuzumuten: Weil der Angeklagte aufgrund psychischer Probleme nicht transportfähig sein soll, ist der Prozess um den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes am Landgericht Leipzig vorerst geplatzt. Die 8. Strafkammer entschied am Donnerstagmorgen, die Hauptverhandlung zunächst auszusetzen. Die Leipziger Staatsanwaltschaft wirft Jens R. (53) schweren Missbrauch in zehn Fällen vor. Zwischen August 2007 und Januar 2009 soll er ein damals zwölfjähriges Mädchen zum Sex gezwungen haben. Das Opfer erstattete Gerichtsangaben zufolge 2015 Strafanzeige gegen den einschlägig vorbestraften Mann. Amtsärztliches Attest: Kurz vor Beginn des ersten Verhandlungstages am Donnerstag erreichte die zuständige Strafkammer jedoch ein amtsärztliches Attest aus Rostock, wo der Angeklagte mittlerweile lebt. Demnach ist der psychisch angeschlagene Beschuldigte zwar verhandlungsfähig, sofern eine Begleitperson an seiner Seite ist. Allerdings ist aus Sicht des Amtsarztes der Transport und die Unterbringung am Verhandlungsort in Leipzig problematisch. So könne Jens R., der seit 2011 in sozialpsychiatrischer Behandlung ist und erst vor einer Woche in einer Arztpraxis eine Panikattacke erlitt, keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen. Mithin kämen nur Taxi oder Krankentransport in Frage. Zudem sei eine Unterkunft in Leipzig nur in einem psychiatrischen Krankenhaus möglich. Für das Gericht sei der Zeitrahmen zur Organisation all dieser Voraussetzungen zu knapp gewesen, hieß es. Im Gegensatz zum Rostocker Amtsarzt hält der erfahrene psychiatrische Gutachter Matthias Lammel, der auch im Prozess zum Angeklagten eine ausführliche Einschätzung abgeben wird, eine Zugreise mit einer Begleitperson für durchaus zumutbar. Sicherungsverwahrung ein Thema: Obwohl die angeklagten Fälle schon mehr als elf Jahren zurückliegen: Aus Sicht der Staatsanwaltschaft geht es im Prozess auch um die Frage, ob Jens R. in Sicherungsverwahrung muss, weil er weiterhin gefährlich ist und von ihm ähnlich schwerwiegende Taten zu erwarten sind. Damit bliebe Jens R. im Falle einer Verurteilung auch nach Verbüßen der eigentlichen Strafe hinter Schloss und Riegel. Von Frank Döring