Kandidatenkür auf Rennbahn – Leipziger SPD sagt Konferenz im Freien ab

Die Leipziger SPD hat ihre für den 16. Januar geplante Wahlkreiskonferenz, bei der die Direktkandidaten zur Bundestagswahl 2021 gekürt werden sollten, abgesagt. Die Veranstaltung sollte unter freiem Himmel auf der Tribüne der Galopprennbahn Scheibenholz stattfinden. Irena Rudolph-Kokot, Vize-Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes Leipzig, begründete diesen Schritt mit einer neuen Rechtslage, die in Berlin vorbereitet werde. „Bislang waren wir davon ausgegangen, dass keine Alternativen zu einer Präsenzveranstaltung bestehen und bestehen werden. Seit heute gibt es auf Bundesebene aber Pläne, den Notfallmechanismus für die Vorbereitung der Bundestagswahl am 26. September auszulösen. Dies ermöglicht uns eine Aufstellung von Kandidierenden per Brief- oder Urnenwahl. Der Vorstand hat sich einstimmig für diese neuen Optionen ausgesprochen“, sagte sie nach einer Videoberatung des Leitungsgremiums am Dienstagabend. Die SPD Leipzig gehe davon aus, dass der Bundestag und das Bundesinnenministerium „zeitnah die erforderlichen Entscheidungen treffen“. Diese „begründete Abweichung“ von den bewährten Regeln innerparteilicher Demokratie müsse aber eine Ausnahme bleiben. In der Pandemie sei sie im Sinne des Infektionsschutzes zu begrüßen. Hygiene-Konzept stand: Der Stadtvorstand der Leipziger SPD hatte seine rund 1300 Mitglieder am 4. Januar zu der Konferenz eingeladen. Parteiveranstaltungen zum Zwecke der Nominierung von Wahlkandidaten sind laut Sächsischer Corona-Schutz-Verordnung von den Kontaktbeschränkungen ausgenommen. Die Rennbahn als Ort der Versammlung lag auf der Hand: Die frische Luft bietet immer noch den besten Corona-Schutz. Das von den zuständigen Stellen im Rathaus genehmigte Hygiene-Konzept, das von maximal 205 Teilnehmern ausging, sah ferner die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nase-Bedeckung, Tribünensitze im Abstand von mindestens 1,50 Metern und Desinfektionsmittel an mehreren Stellen des Tagungsortes vor. Andere SPD-Verbände in Berlin und Nordrhein-Westfalen hätten Nominierungstreffen auch unter freiem Himmel abgehalten, hatten die messestädtischen Sozialdemokraten in der Vorwoche per Pressemitteilung wissen lassen. Dabei deuteten sie an, dass ihnen die Zeit im Nacken sitzt. So habe die Konkurrenz von der Leipziger CDU ihre Bundestagskandidaten bereits im Oktober 2020 nominiert. „Aufstellungen erst nach der 3. Corona-Welle gefährden daher zunehmend die Chancengleichheit und die Durchführung eines adäquaten Bundestagswahlkampfes“, konstatierten die „Sozis“ – wobei sie realistischerweise davon ausgingen, dass die Pandemie noch lange nicht vorbei und im Frühjahr mit einer weiteren Zunahme von Sars-CoV-2-Infektionen zu rechnen ist. Ältere Genossen waren in Sorge: Einigen älteren Genossen hatte die Einladung aufs Gemüt geschlagen. Ein vermutlich dreistündiges Treffen unter freiem Himmel im gegenwärtig winterlichen Januar, das belaste die Gesundheit und schließe viele Ü-60-Mitglieder – immerhin rund 130 – aus, lautete eine der Klagen, die an den Parteivorstand herangetragen wurden. Zumal die Wahlkreiskonferenz auch noch zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden könne, wie es weiter hieß. Denn laut Bundeswahlgesetz müssten die Bewerber für Direktmandate und die Landeslisten erst im Juli gemeldet werden. Es herrsche also kein Termindruck. Und überhaupt: Inmitten der Pandemie, zumal in einer derart dramatischen Phase, sei ein Parteitreffen mit 100 bis 200 Menschen ein denkbar schlechtes Zeichen. Es hätte Tee und Decken gegeben: Im Vorfeld der Vorstandsberatung hatte „Vize“ Irena Rudolph-Kokot darauf verwiesen, dass sich die insgesamt drei Kandidaten den Mitgliedern bereits am Freitagabend bei einer Online-Fragerunde stellen, sodass niemand die gesamte Konferenz am Sonnabend absitzen müsse. „Erst um 11 Uhr zur Abstimmung zu kommen, das wäre ausreichend“, erläuterte sie. Zudem werde alles dafür getan, dass es die Genossen gemütlich warm haben auf der Rennbahn. „Es gibt heißen Tee, Decken und es werden Wärmesohlen für die Füße bereitgestellt.“ Das alles ist jetzt obsolet. Was Bestand hat: Stadtparteichef Holger Mann (Landtagsabgeordneter) und Stadtrat Andreas Geisler (Bäckermeister) kämpfen um die Kandidatur für den Wahlkreis 152 Leipzig I. Und Ortsvereinsvorsitzende Nadja Sthamer (Angestellte) möchte die SPD-Farben im Wahlkreis 153 Leipzig II vertreten. Wann die Mitglieder per Brief- oder Urnenwahl entscheiden, steht noch nicht fest. Die Online-Vorstellung der Bewerber geht am 15. Januar ab 17 Uhr aber auf jeden Fall über die Bühne. Von Dominic Welters