Oberbürgermeisterwahl in Leipzig: PR-Mann analysiert Wahlplakate

Sie prägen derzeit das Stadtbild: Tausende Wahlplakate der Kandidaten zur Oberbürgermeisterwahl am 2. Februar hängen an den Straßenlaternen und auf den Werbeflächen der Stadt. Auch in Zeiten der Digitalisierung setzen die Parteien nach wie vor auf diese Art des Wahlkampfes. Offenbar gehen sie davon aus, dass ihre Kandidaten dadurch in der Wählergunst steigen. Aber zeigen sich die Kandidaten auf ihren Plakaten tatsächlich von ihrer besten Seite und verfangen ihre Botschaften dadurch bei den Wählern? Einer, der es wissen muss, ist Heiko Notter. Der PR-Experte arbeitet bei der Werbeagentur Kolle Rebbe in Hamburg als Creative Director. Für die LVZ hat er sich die Wahlplakate der Kandidaten von SPD, CDU, FDP, Grüne, Linke und AfD genauer angesehen und analysiert. Burkhard Jung (SPD): Amtsinhaber Burkhard Jung geht mit mehreren großflächigen Plakaten ins Rennen. Als geglückt bewertet Werbefachmann Notter dabei den farblichen Kontrast zwischen Person und Hintergrund. „Die luftigen Pastellfarben und das Lächeln des Kandidaten vermitteln eine positive Grundstimmung“, sagt Notter. Die gezeichnete Silhouette der Stadt hat für den PR-Mann aber auch einen negativen Beigeschmack. Dadurch fehle Jungs Plakaten „ein wenig die Lebenswirklichkeit“. Auch inhaltlich sieht Notter Verbesserungspotenzial. Zwar fokussierten sich die Plakate jeweils auf eine zentrale Botschaft, hebt er positiv hervor. Allerdings seien die Inhalte teilweise zu kompliziert verpackt. „Hier wurde offensichtlich ein Werbetexter dazu aufgefordert, kreativ zu werden“, mutmaßt der PR-Experte. Lesen Sie auch: Diese Noten bekommt OBM Jung von den Leipzigern Sebastian Gemkow (CDU): Besser kommt bei Notter Sebastian Gemkow davon. Die Plakate des CDU-Kandidaten überzeugen ihm zufolge durch klare und leicht zu verstehende Kernbotschaften. Der Name Gemkow sei deutlich zu erkennen – auch im Vorbeifahren. Die Körpersprache Gemkows sei für einen Politiker überraschend unverkrampft. „So muss ein Plakat gestaltet sein“, lobt Notter. Leichte Kritik übt er jedoch an den etwas kleiner gehaltenen Slogans oberhalb der Kernbotschaft, wie beispielsweise „Einer der weiß, was zählt“. Diese lenkten von der eigentlichen Aussage ab und seien zu unklar, analysiert Notter. Katharina Krefft (Grüne): Das Plakat der Grünen-Kandidatin Katharina Krefft bewertet Notter als „eher einfallslos“. Dem Werbefachmann fehlt eine „erkennbare Gestaltungsidee“. Auch inhaltlich überzeugt Kreffts Plakat Notter nicht. Die Forderung „Mehr soziale Gerechtigkeit“ erscheine beliebig und sorge somit für eine Profillosigkeit der Kandidatin. Immerhin wirke Krefft auf dem Plakat durch das etwas wilde Haar natürlich. „Das scheint erstmal passend zu einer Kandidatin der Grünen“, sagt Notter. Marcus Viefeld (FDP): „Maximale Plakativität“ bescheinigt der Hamburger PR-Mann dem Plakat des FDP-Kandidaten Marcus Viefeld. Poppige Farben, moderne Grafiken im Hintergrund – das sorge für Aufmerksamkeit. Das war es aber aus Notter Sicht schon an positiven Eigenschaften der Plakate. Der Slogan „Vorausdenken, vorangehen“ sei zu abstrakt und inhaltsleer, kritisiert er. Notters Vermutung: „Das wird wohl viele Wähler etwas ratlos zurücklassen.“ Franziska Riekewald (Linke): Deutlich positiver fällt sein Urteil über das Plakat der Linken-Kandidatin Franziska Riekewald aus. Das sei vor allem effizient. Mit den Wahlversprechen „Verkehrswende, Mietendeckel, Solidarität“ bringe sie gleich drei Botschaften auf einem Plakat unter, lobt Notter. Auch die Optik des Plakats ist dem PR-Mann zufolge gelungen. „Gesicht der Kandidatin, Name, die Botschaft – viel mehr braucht es nicht“, sagt Notter. Zudem vermittle Riekewald mit dem großen „Ja“ eine positive Grundstimmung. Allerdings fehle dem Plakat ein echter Hingucker. Christoph Neumann (AfD): An den Plakaten von Christoph Neumann gefällt Notter vor allem der wortspielerische Seitenhieb gegen den Amtsinhaber Jung. „Neu statt Jung“, steht auf einem der Plakate des AfD-Kandidaten in Anlehnung an dessen Nachnamen. Allerdings fehle es den Plakaten an konkreten politischen Forderungen. „Hier wird allein die Forderung gestellt, dass etwas anders werden soll“, sagt Notter. Die Gestaltung der Plakate beschreibt der Hamburger Werbefachmann als eher amateurhaft – was seiner Meinung nach aber kein Nachteil sein muss. „Das Nichtperfekte unterstreicht hier sogar noch die Positionierung als Protestpartei“, urteilt Notter. Mehr zur OBM-Wahl in Leipzig lesen sie unter www.lvz.de/wahl. Von Marcel Sacha

Oberbürgermeisterwahl in Leipzig - So bewertet ein PR-Experte die Wahlplakate der OBM-Kandidaten