OBM-Wahl in Leipzig: Wie Jung gewann, obwohl er die meisten Stadtteile verlor

Rot in der Mitte und im Süden, schwarz am Rand: Burkhard Jung (SPD) hat seinen Sieg bei der Oberbürgermeisterwahl am Sonntag vor allem den dicht besiedelten zentrumsnahen Vierteln zu verdanken. In zwei Dritteln der 63 Ortsteile musste sich der Amtsinhaber am Sonntag seinem CDU-Kontrahenten geschlagen geben. Sebastian Gemkow punktete vor allem an den Randbezirken der Stadt. Am Ende erreichte Jung einen Vorsprung von 3358 Stimmen und gewann den zweiten Wahlgang mit 49,1 Prozent knapp. Der Grund: In den 21 Stadtvierteln, in denen der SPD-Bewerber vorn lag, leben deutlich mehr Einwohner. Von Lützschena-Stahmeln bis Hartmannsdorf-Knautnaundorf, von Seehausen bis Althen-Kleinpösna – in allen Außenbezirken musste der Amtsinhaber herbe Niederlagen hinnehmen. Gemkow holte hier durchweg mehr als 70 Prozent. Jedoch leben in Ortsteilen wie Plaußig-Portitz, der CDU-Hochburg mit 75,7 Prozent, nur 2258 Wahlberechtigte. In Holzhausen im äußersten Südosten der Stadt, wohin Jung vor Kurzem zog (5405 Wahlberechtigte), erreichte Gemkow 65,5 Prozent der Stimmen. In seinem vorherigen Wohnviertel Connewitz feierte OBM Jung dagegen mit 72 Prozent eines seiner besten Ergebnisse – mit 15.382 Wahlberechtigten ist es nach der Südvorstadt und Reudnitz-Thonberg der drittgrößte Ortsteil. Sie alle sind SPD-Hochburgen. Forscher: Jung muss sich um Randbezirke kümmern: Es gebe in Leipzig „ein klassisches Stadt-Land-Gefälle, komprimiert in einer 600.000-Einwohner-Stadt“, analysiert Politikwissenschaftler Hendrik Träger von der Universität Leipzig das Ergebnis. Jung sei im innerstädtischen Kern stark, aber die Randbezirke, die teilweise vor 20 Jahren erst eingemeindet worden seien, wählten traditionell konservativer. Um deren Anliegen müsse sich der Oberbürgermeister mehr bemühen, so Träger. Nicht nur an den Rändern, auch in den Wahllokalen hatte CDU-Herausforderer Gemkow die Nase vorn. Von den dort abgegebenen 161.544 Stimmen holte der sächsische Wissenschaftsminister 48,8 Prozent der Stimmen (Jung: 48,2 Prozent). Der Amtsinhaber lag dafür in der Gunst der Briefwähler deutlich vorne. Auf den 64.900 abgegebenen Wahlscheinen war das Kreuzchen in 51,3 Prozent bei Jung, in 44,5 Prozent bei Gemkow. Ute Elisabeth Gabelmann (Piraten) schnitt hier mit 4,2 Prozent besser ab als in der Wahlkabine. Am Ende reichte es für die einzige der fünf verbliebenen Gegenkandidaten aus dem ersten Wahlgang aber nur zu 3,3 Prozent der Stimmen. Glückwünsche der SPD-Bundesspitze: Jung kündigte nach seinem Wahlsieg an, auf alle zugehen zu wollen. „Zur Wahrheit gehört: Wir haben in der Tat eine gespaltene Stadt“, sagte der Politiker, der seit 2006 an der Leipziger Rathausspitze steht und nun bis 2027 gewählt ist. Man müsse auf die Menschen zugehen, die offensichtlich Schwierigkeiten damit hätten, dass das linke Lager in Leipzig Vielfalt feiern und leben wolle. „Ich möchte der Oberbürgermeister aller Leipziger sein“, sagte Jung im LVZ-Interview. Die beiden SPD-Bundeschefs Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gratulierten ihm zur Wiederwahl: „Nach Hamburg setzt auch Leipzig seine sozialdemokratische Tradition fort – damit geben die Leipzigerinnen und Leipziger nicht nur ein wichtiges Signal für ein gutes soziales Miteinander in ihrer Stadt, sondern auch in unserem Land“, teilten sie am späten Sonntagabend mit. Gemkow erzielt bestes CDU-Ergebnis in Leipzig: Der Jurist Gemkow kann indes für sich in Anspruch nehmen, das beste Ergebnis eines CDU-Kandidaten in Leipzig bisher erzielt zu haben. Der 41-Jährige kündigte an, sich jetzt voll auf seinen Job als Wissenschaftsminister konzentrieren zu wollen. Im ersten Wahlgang vor vier Wochen war er noch knapp vor Jung gelandet. Die Kandidatinnen von Linken, Grünen und der Partei zogen dann allerdings zurück und unterstützten den SPD-Mann. Auch die AfD trat nicht noch einmal an, verzichtete jedoch auf eine Wahlempfehlung an ihre Anhänger, ebenso wie die FDP. Direkt nach der Wahl sagte Gemkow der LVZ: „Ich wünsche mir, dass die Stadt zusammenwächst und die Stadtspitze zur Sachpolitik zurückfindet.“ Jung bleibt Leipzigs OBM – der Liveticker zur Wahl zum Nachlesen Interaktive Karte: So hat Burkhard Jung in den Leipziger Ortsteilen abgeschnitten OBM-Wahl in Leipzig – so haben die Stadtteile gewählt Kommentar zur OBM-Wahl in Leipzig: Linke und Grüne retten die Ehre der SPD Hohe Wahlbeteiligung: So lief der Tag in Leipzigs Wahllokalen Von Robert Nößler und Birgit Zimmermann

Analyse - Wie Jung die OBM-Wahl gewann, obwohl er die meisten Stadtteile verlor