Gedreht im Leipziger Westen: MDR stellt sechsteilige Webserie „2 Minuten“ in die Mediathek

Biene ist immer gut. Bienen, die großen Bestäuber. Die kleinen Fruchtbarkeitsgöttinnen. Emsig sirrten sie schon durch den Vorspann der wunderbaren, so amüsanten wie aufklärenden Showtime-Serie „Masters of Sex“. Nun treiben sie ihr begattendes Wesen auch im Entree der MDR-Webserie „2 Minuten“. Ging es bei der US-Produktion über die prüden 50er um Feldforschung zum Sexualverhalten, so geht es bei den Kurzfilmen des Mitteldeutschen Rundfunks um die Folgen von Sex. Also um jene bange Zeit, in der der Schwangerschaftstest aus der Apotheke grüne oder blaue Striche malt. Ein Frauenprodukt Das allerdings nicht in epischer Dramatik, sondern in sketchhaften Schlaglichtern. Situationen sind allemal wichtiger als Szenen – und Typen wesentlicher als Charaktere. Frauentypen natürlich, denn „2 Minuten“ ist ein Frauen-Produkt. Die Idee kam den zwei MDR-Redakteurinnen Meike Götz und Beate Maschke-Spillner (beide Mütter von je zwei Kindern), geschrieben und inszeniert wurde die Clip-Kette von Lisa Miller, produziert von einem weiblichen Quartett aus der Saxonia unterm neuen Label Red Pony. Initiiert hatte MDR-Intendantin Karola Wille das ganze Unternehmen. Die rief 2019 die Kreativ-Initiative „MDR next“ ins Leben, die neue, digitale Formate entwickeln sollte. Erstes Ergebnis: „2 Minuten“. Karola Wille: „Damit wird nun die Arbeit unseres Innovationsprogramms für die Zuschauer sichtbar.“ Allerdings nicht auf dem traditionellen Kanal, sondern einzig und allein in der digitalen ARD-Mediathek ( hier der Trailer). Ab Freitag sind die sechs hurtigen Test-Situationen freigeschaltet. Gesamtlänge: 42 Minuten, also getrieben von der knappen Seh-Geduld von jungen Handy-Benutzern. Die sind – natürlich – die Zielgruppe Nummer eins. Das vibrierende Leben im Leipziger Westen: Gedreht wurde dort, wo das Straßenleben, Kultur und alternatives Leben normalerweise vibrieren: im Leipziger Westen – zwischen Café und Arztpraxis (weiblich), Apotheke und Toilette. Dass hin und wieder der Strom weg ist, liegt an Bauarbeiten. Das kennt man offenbar hinlänglich zwischen Plagwitz, Lindenau und Kleinzschocher. Regisseurin und Autorin Lisa Miller, die zuvor den etwas vertrödelten Heimatfilm „Landrauschen“ in Bayern gedreht hatte, wollte mit ihren Test-Momenten „direkt in den Moment springen, ohne Vorher und Nachher“, dazu jedoch „über die Emotionen hinaus die Geschichten in einen gesellschaftlichen und feministischen Kontext“ stellen. Ersteres ist gelungen, letzteres bleibt eher Absicht. Aber da muss man solchem Format auch nicht aufhalsen, was es sowieso nicht leisten kann. Es geht um Neele, die meint, sie wäre schwanger und jetzt nur noch gesund essen will, um Jurastudentin Samira, die kein Kind will, um eine 15-Jährige, die unsicher ist, ob es passiert ist oder nicht, um Clara, die alles über ihre Mutterschaft per Handy bloggt, ein lesbisches Pärchen, das nach der teuren künstlichen Befruchtung auf blaue Striche wartet, Apothekerin Sandra, die in einer WG, in der ein positiver Text gefunden wurde, mit Tom und Jerome nicht nur zusammen lebt und um Tina, die an Trisomie leidet und auf die Pille schon lange verzichtet hat. Männer sind nur Statisten: Da ist also ein bunter Querschnitt aus einem hippen Szeneviertel versammelt. Es gibt Hoffen und Hadern, Gewissheiten und Ungewissheiten. Während die einen auf das blaue Positiv-Zeichen ungeduldig warten, wollen andere nur grün sehen. Das ist alles nett in Szene gesetzt, ohne dass allzu großer Ehrgeiz auf Pointe, Witz, Situationskomik gelegt wurde. Der Blick ist gutmütig und lächelnd, rosig und romantisch. Gibt es Probleme, reden sie sich die Frauen gegenseitig weg. Alle Männer sind ohnehin nur als Statisten, bestenfalls als Stichwortgeber, dabei. Das hat was, treibt jedoch – wenn dieser Vorsatz durchbrochen wird (Episode 6) – zu schwitzenden Aufgeregtheiten. Corinna Harfouch als Ärztin: Einen wunderbaren Auftritt absolviert Corinna Harfouch als Ärztin, salopp, ein bisschen schnoddrig, realistisch und eine Spur rabiat. Das ist, auch mit leicht sächselnder Zunge, eine darstellerische Lehrstunde. Die jungen Darsteller drumherum, teils schon mal gesehen, wenn auch bisher nicht eben aufgefallen, sind durchweg frisch und natürlich. Sie passen schlichtweg auf jene Figuren, die sie spielen. Mehr sollte man von Kurzfilmen nicht erwarten. Die Clips erzählen teils unabhängig, teils sind Figuren miteinander verknüpft, tauchen also auch in den Situationen von anderen auf. Was seinen Reiz hat und gut funktioniert. Was bei gleich vier Produzentinnen (Katharina Puttendörfer, Josepha Herbst, Yvonne Abele und Daniela Zentner) durchaus nicht selbstverständlich ist. Aber man war sich im Quartett offenbar einig. „Entscheidungen haben wir nicht immer gemeinsam getroffen, aber immer in dem guten Wissen, dass wir eine gemeinsame Vision des Projektes verfolgen“, notierten die Vier trotzig. Info: 2 Minuten, Freitag in der ARD-Mediathek Von Norbert Wehrstedt