Leipziger Kultur-Journalist Rolf Richter gestorben

Das letzte Mal getroffen habe ich ihn vor mehr als drei Jahren. Im Herbst 2017, im Mendelssohn-Saal, beim Abschied von Dieter Bellmann im Gewandhaus. Da konnte Rolf Richter nicht fehlen. Das letzte Mal gesprochen haben wir mit ihm im Herbst letzten Jahres. Über Ursula Schmitter, über Siegfried Pappelbaum. Als die Kabarettistin und der Schauspieler starben, war Rolf Richter die erste Adresse für den Nachruf. Er kannte sie schließlich alle. Er saß in allen Premieren: Wer in Leipzigs Kultur irgendwie ins Auge fiel, den hatte er irgendwann interviewt. Den hatte er über Jahre hinweg begleitet. Rolf Richter, der, so lange ich in Leipzig Zeitung mache, Chef der Bezirksredaktion von ADN (Allgemeiner Deutscher Nachrichtendienst) in der DDR war. Über Politik, die führende der SED natürlich, musste er auch berichten. Er hat es selbstverständlich getan (da gab es keine Hintertür) , aber wohl nicht mit ganzem Herzen. Das gehörte Leipzigs Kultur. Er saß in allen Premieren (Theater, Oper, Musikalische Komödie, academixer, Pfeffermühle). Er schrieb über alle Premieren. Er berichtete über die Blindenbibliothek wie über die Deutsche Bücherei, über Leipzigs Verlage wie über die Kunsthochschulen, über Künstler und die Dokwoche, deren langjährigem Leiter Ronald Trisch er in Freundschaft verbunden blieb. Das öffnete Leipzig, wenn die Zentrale, fixiert auf Berlin, es weitergab, Fenster in die ganze Republik. Was im Herbst 1989 zum Problem wurde. Als die LVZ noch Briefe von entschlossenen Kampfgruppen-Männern abdruckte, die kleinen Leipziger Blätter, statt das SED-Märchen vom entführten Mitropa-Kellner zu drucken, bereits die Leipziger Eltern des Kellners interviewten, schickte Rolf Richter Berichte von den Demos nach Berlin, die dort liegen blieben. Darüber hat er sich ziemlich aufgeregt. Auch wenn wir nicht immer einer Meinung in jenen Zeiten waren, blieb der studierte Journalist (Uni Leipzig) in dieser Situation Journalist. Er wollte berichten. Er war schließlich Berichter. Umtriebig und charmant: So war auch sein Schreibstil: knapp und faktisch, nie blumig und barock. Sein Wesen: umtriebig und charmant, einnehmend und verplaudert. Als das Aus für ADN kam, wechselte er zur LVZ, schrieb für die Kultur, war die Jahre vor der Rente Betriebsratsvorsitzender und zog nach Starsiedel. Da konnte man ihn jederzeit für Texte anrufen. Er kannte jeden aus der alten Garde. Er lieferte zuverlässig. Oder bot selbst an. Nur letzten Herbst, da zögerte er. Es ging ihm nicht gut, der Krebs setzte ihm zu. Am Sonntag nun ist Rolf Richter gestorben, mit 78 Jahren. Er hinterlässt seine Frau, Sohn und eine Tochter. Von Norbert Wehrstedt