Brigitte Macron zeigte sich besonders herzlich an diesem Abend des 8. März 2017 im Pariser „Antoine“-Theater. „Wo sitzt er, Jean-Marc? Ah, dort! Jean-Marc, merci für deine Unterstützung“, rief die Ehefrau von Emmanuel Macron, damals noch Kandidat für die Präsidentschaftswahl im Mai 2017, von der Bühne aus dessen Gönner zu.
Gerade war eine Veranstaltung zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern zu Ende gegangen, die Jean-Marc Dumontet, Unternehmer und Teilhaber am „Antoine“-Bühnenhaus, mit ermöglicht hatte. Für die Saalmiete verlangte er nur 3000 Euro, genauso viel wie bei einem anderen Wahlkampf-Event in seinem Pariser Theater „Bobino“ – und damit weit weniger als die mindestens 13.000 Euro, die er dort sonst veranschlagt. Zu wenig?
Macron profitierte erheblich von Sondervereinbarungen
Die Vorwürfe, einige Geschäftsleute wie Dumontet, die Macron nahestehen, hätten diesem bei seiner Kampagne überzogene Preisnachlässe gewährt, stehen schon länger im Raum. Gestern bekamen sie neue Nahrung mit der Veröffentlichung von Investigativ-Recherchen des Radiosenders „France Info“.
Demnach profitierte Macrons damalige Partei „En marche“ erheblicher als bisher bekannt von Sondervereinbarungen. Von der Wahlkampf-Software NationBuilder, die bereits US-Präsident Donald Trump und die Organisatoren der Brexit-Kampagne genutzt hatten, erhielt sie deutlich bessere Bedingungen als die Kontrahenten.
Auch bezahlte „En marche“ deutlich weniger für einen Auftritt im Saal „Maison de la Mutualité“ als die sozialistischen und republikanischen Konkurrenten, Benoît Hamon und François Fillon. Für eine Veranstaltung im Pariser Konzertsaal „La Belleviloise“, bei der Macron nicht persönlich zugegen war, wurden 1200 Euro veranschlagt – gegenüber 4838,40 Euro, die Hamon für ein Angebot ohne Ton und Video bezahlte.
Die Erklärung des Besitzers, das sei eine „gängige Praxis“, genügte der Nationalkommission für Wahlkampfkosten. Dabei sind Partei-Spenden in Frankreich nur in Höhe von maximal 7500 Euro und lediglich Privatpersonen erlaubt. Unternehmen verbietet das Gesetz jede Beteiligung an Wahlkampagnen und ganz explizit auch das Gewähren von Preisnachlässen.
Die Überprüfungskommision will keinen Interessenkonflikt erkennen
Diese gestatteten zwei weitere Unternehmen im Event-Bereich, deren Chef Vincent Rautureau ehrenamtlich in Macrons Wahlkampfteam arbeitete. Doch auch dieser mögliche Interessenskonflikt entging laut „France Info“ der Überprüfungskommission, die Macrons Ausgaben als „normal und regelkonform“ eingestuft hatte.
So entsteht der Verdacht, dass diese unterschiedliche Maßstäbe bei den Kandidaten anlegte. Beanstandungen hatte sie nur bei den rechts- und linkspopulistischen Kandidaten, Marine le Pen und Jean-Luc Mélenchon. Die Kommission sei völlig überfordert und habe das Ausmaß der Regelüberschreitungen von „En marche“ unterschätzt, beklagte der Chef der Antikorruptionsvereinigung „Anticor“, Jean-Christophe Picard.
Der Regierungssprecher und Macron-Vertraute Benjamin Griveaux wies die Vorwürfe zurück: Alle Dokumente seien öffentlich zugänglich, „die Leute können sich gerne alles ansehen“. Das Wahlergebnis kann rechtlich nicht mehr angefochten und die Überprüfung nachträglich nicht wiederholt werden; auch blieb Macron bei seinen Ausgaben von insgesamt 16,7 Millionen Euro deutlich unter dem gesetzten Limit von 22,5 Millionen Euro. Dennoch fördern die Enthüllungen das Misstrauen gegen den Präsidenten, der seinen Gegnern von jeher als „Kandidat des Systems“ galt: Medien und Wirtschaft, so lautet der Vorwurf, hätten fast einheitlich hinter ihm gestanden.
Von Birgit Holzer/RND