„Babyfachmarkt“ statt Kinderladen – Geschäft in Altenburg darf durch Kniff im Lockdown wieder öffnen

Ein Pärchen steht vorm Schaufenster und schaut ungläubig hinein: Es brennt Licht, eine Frau steht hinterm Ladentisch, legt Ware zurecht. Ist hier wirklich offen? Wie kann das sein, wenn doch ringsum fast alles geschlossen ist? Tatsächlich war auch Cindy Siegmeyers Kinderladen „Hits für kids“ in der Altenburger Marktgasse wochenlang verwaist. Als Thüringen per Verordnung zum 16. Dezember die Geschäfte weitgehend schließen ließ, nur abgesehen von lebensnotwendigen Sortimenten, machte auch Cindy Siegmeyer dicht. „Das tat richtig weh“, sagt sie. Doch jetzt wagte die 41-Jährige den Neustart – als Babyfachmarkt. „Meines Wissens bin ich damit die einzige im Landkreis.“ Eine Kundin hatte die Idee: Eine ihrer Kundinnen habe sie auf die Idee gebracht. Denn Babyfachmärkte gehören zu den wenigen Anbietern, die von der Schließverordnung nicht betroffen sind. Das Gesundheitsministerium macht die Erlaubnis abhängig vom sogenannten Schwerpunktsortiment. Also machte sich die Altenburgerin ans Werk, räumte um, zählte durch und stellte fest: Wenn sie Teile des Spieleangebots, der Elternliteratur und die Kleidung für größere Kinder aus dem Direktverkauf herausnimmt, bleibt immer noch eine ordentliche Warenpalette für Knirpse bis eineinhalb Jahre übrig – landläufig Babys genannt. Schriftliche Erlaubnis des Gesundheitsamtes: Ein Anruf beim Gesundheitsamt des Kreises – und die Behörde gab mündlich das Okay. „Das war mir allerdings noch zu unsicher“, schildert Cindy Siegmeyer. Sie verfasste ihr Anliegen deshalb noch mal schriftlich und bekam die Erlaubnis auch druckreif per E-Mail. „Bloß gut“, erzählt die 41-Jährige, „denn kaum hatte ich wieder geöffnet, standen Polizei und Ordnungsamt vor der Tür. Ich sei angezeigt worden, sagten die.“ Die Behördenvertreter schauten sich um, kontrollierten das rote Absperrband vor den Nicht-Baby-Angeboten und waren zufrieden. Cindy Siegmeyer ist es auch – fast. Denn noch drückt das Laufpublikum, das nicht zur Stammkundschaft zählt, nur zögerlich die Klinke. Manch einer wittert in der unverhofften Ladenöffnung wohl noch den Ruch des Illegalen. Die Inhaberin hat die Öffnungszeiten deshalb zunächst gekürzt, auf 10 bis 15 Uhr montags, mittwochs und freitags sowie 12 bis 17 Uhr an Diens- und Donnerstagen. „Aber das wird schon noch“, ist die Altenburgerin überzeugt. Denn Läden mit Artikeln rund ums Baby sind in der Region kaum zu finden, der Weg bis zur nächsten Großstadt ist weit. Lätzchen, Mützen, Handschuhe: Lätzchen, Socken, Kinderbesteck – all das sei bei jungen Eltern begehrt, weiß Cindy Siegmeyer. Und vor allem Klamotten, die bei Säuglingen und Kleinkindern alle Nase lang zu klein werden. „Als jetzt das Rodel-Wetter kam, fragten viele nach Mützen und Handschuhen.“ Zur Ladenlaufkundschaft zählen in hohem Maße auch Großeltern auf der Suche nach Ausstattung für die Enkel. Junge Eltern hingegen nutzen seit 10. Januar verstärkt den Onlinebestellservice mit Abholoption. Die neue Thüringer Verordnung hat den Weg für Click & Collect freigemacht. Und das gilt auch für große Kinder. Von Kay Würker