Freien Schulen im Altenburger Land drohen Kürzungen

„Das Land Thüringen sollte den Beitrag, den die Schulen in freier Trägerschaft in der Bildungslandschaft leisten, mehr würdigen“, sagt Sandro Zimmermann mit fester Stimme. Er ist der erste Vorsitzende des Elternvereins „Känguru Lern- und Spielräume e.V.“, Träger der Freien integrativen Grundschule Känguru Altenburg-Ehrenberg. Diese Würdigung fehlt ihm, vor allem in Hinsicht auf den Haushaltsentwurf 2020/21 der Landesregierung Thüringen. Denn die Vorlage aus dem Finanzministerium sieht für die Freien Schulen im Freistaat Finanzhilfen in Höhe von 183 Millionen Euro vor – 2019 waren es noch 185 Millionen Euro. „Seit Jahren chronische Unterfinanzierung durch den Staat“: Der Freistaat Thüringen hat die gesetzlich verankerte Finanzierungspflicht für die allgemeinbildenden Schulen, 80 Prozent der Kosten, die pro Schüler bei einer vergleichbaren staatlichen Beschulung anfallen würden, zu tragen. Den Rest der Kosten muss der Träger selbst aufbringen – durch Spenden oder Schulgeld. „So die Theorie“, sagt Christian Werneburg von der Evangelischen Schulstiftung, die Trägerin des Spalatin-Gymnasiums in Altenburg ist. „In der Praxis findet seit Jahren eine chronische Unterfinanzierung durch den Staat statt.“ Abhängig von der Schulart erfolge teilweise nur eine Finanzierung von der Hälfte der Kosten. „Die weiterführenden Schulen bekommen ein Problem“: „Die Grundschulen sind vielleicht noch relativ gut dran“, sagt Zimmermann von der Känguru-Schule. „Aber die weiterführenden Schulen bekommen ein Problem.“ Doch auch die Känguru-Schule muss genau hinsehen, wenn es um Investitionen geht. Die Finanzhilfe des Landes Thüringen deckt circa 70 Prozent der Gesamtausgaben, aber selbst die jährlichen Anpassungen decken nicht die Steigerungen der anderen Kostenarten. Zum neuen Schuljahr musste beispielsweise das Schulgeld angehoben werden, um die steigenden Ausgaben stemmen zu können. Das Schulgeld der Känguru-Schule ist dabei sozial gestaffelt, je nach jährlichem Familieneinkommen. Ein Haushaltsvolumen von 250 Millionen wäre nötig: Die Landesarbeitsgemeinschaft der freien Schulträger in Thüringen (LAG) hat im Sommer 2019 ein unabhängiges Gutachten in Auftrag gegeben, das die Kosten eines staatlichen Schülers in Thüringen ermittelt hat. Nach diesen Berechnungen wäre ein Haushaltsvolumen von 250 Millionen Euro für die Freien Schulen notwendig. Grundlage dafür waren die Ist-Beträge der Ausgaben des Landes 2019 und die Schülerzahlen des Jahres 2021. Ein Evaluationsbericht des Bildungsministeriums vom Frühsommer 2020 kam mit zwei möglichen Berechnungsmodellen auf ein jeweiliges Volumen von 150 beziehungsweise 215 Millionen Euro. Im Juli 2020 einigten sich die LAG und das Bildungsministerium im Gespräch auf einen Kompromiss von 217 Millionen Euro an Finanzierungshilfen. Nach dem Haushaltsentwurf: „Wir sind schon erschrocken“: „Nach diesem Gespräch dachte man, Thüringen macht den richtigen Schritt“, sagt Zimmermann. Aber der Haushaltsentwurf mit 183 Millionen Finanzierungshilfen für thüringische Freie Schulen macht damit wieder einen Schritt zurück. „Da sind wir schon erschrocken.“ Auch wenn Christian Werneburg noch nicht abschätzen kann, welche Auswirkungen der neue Haushalt auf das Spalatin-Gymnasium Altenburg hätte, wenn er in diesem Umfang beschlossen würde, so ist er sich doch sicher: „Wenn die staatliche Finanzhilfe weiterhin auf diesem niedrigen Niveau bleibt, macht man viele Schulstandorte der Freien Träger systematisch kaputt, da das System dann auf Verschleiß angelegt ist.“ Es fehlt eine neue Berechnungsgrundlage: Noch dazu kommt, dass die Paragraphen des Gesetzes für Schulen in freier Trägerschaft, die die staatliche Finanzhilfe regeln, Ende 2020 auslaufen. Es wird also eine neue Berechnungsgrundlage der anteiligen Finanzierung benötigt, während die Regierung schon über den Haushalt diskutiert. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und bildungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag, Christian Tischner, kritisiert die geplanten Kürzungen: „Der jetzige Haushaltsansatz von 183 Millionen Euro im Jahr 2021 entbehrt jeder fachlichen Grundlage und stellt keine angemessene Finanzausstattung dar.“ „Sie machen diese Arbeit aus Überzeugung“: Sandro Zimmermann betont außerdem noch einmal das Engagement seines Kollegiums, insbesondere der Lehrer und Erzieher: „Die Tätigkeit an einer Freien Schule macht ein Lehrer nicht wegen des Geldes. Unsere Lehrkräfte verdienen circa 80 Prozent dessen, was sie an einer staatlichen Schule verdienen würden. Sie machen diese Arbeit, weil sie vom Konzept überzeugt sind.“ Und eben dieses Engagement vermisst er vonseiten des Freistaates Thüringen. Bei Bildung gehe es schließlich um Zukunft. Von Katharina Stork